Kolumbien: Morde an sozialen Führungspersönlichkeiten gehen unvermindert weiter

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Billy Smith Salgado, 22 Jahre alt, ermordet am 18. Januar in Cartagena, Kolumbien
Billy Smith Salgado, 22 Jahre alt, ermordet am 18. Januar in Cartagena, Kolumbien

Bogotá. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Indepaz sind in Kolumbien seit Beginn des Jahres 2024 bis zum 18. Januar zehn Führungspersönlichkeiten sozialer Organisationen ermordet worden. Im Jahr 2023 waren es insgesamt 188.

Am 18. Januar wurde Billy Smith Salgado in Cartagena im Departamento Bolívar getötet. Der bekannte soziale Aktivist war 22 Jahre alt und arbeitete als Koordinator der Sportkommission der Junta de Acción Comunal des Viertels La Candelaria, wo er die Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche leitete. Erste Hinweise deuteten darauf hin, dass das Verbrechen beim Versuch, sein Motorrad zu stehlen, begangen wurde. Laut Polizei schossen bewaffnete Männer zweimal auf ihn, als Salgado versuchte zu fliehen.

In der Gegend operieren der sogenannte Clan del Golfo, bekannt als Paramilitärs der gaitanistischen Selbstverteidigungskräfte (Autodefensas Gaitanistas, AGC), zudem die Erste Armeedivision und lokale Banden.

Die Sprecher der Junta Comunal von La Candelaria forderten Bürgermeister Dumek Turbay auf, die Hintergründe dieses weiteren Mordes zu untersuchen, bei dem das Opfer ein sozialer Anführer ist.

Die Ombudsstelle hatte bereits im September 2023 vor den Gefahren gewarnt, denen soziale Führungspersönlichkeiten und Menschenrechtsverteidiger ausgesetzt sind. Das Aufzwingen von Regeln und andere Formen sozialer Kontrolle durch bewaffnete Gruppen stellten ein ständiges Risiko der Verletzung der Rechte der Bevölkerung dar. Am meisten betroffen seien Personen, die in Gemeinden aktiv sind.

Ebenfalls am 18. Januar wurde José Gregorio Naranjo, derzeitiger Präsident der Junta de Acción Comunal des Dorfes San Carlos, Córdoba, in der dortigen Gemeinde umgebracht. Er wurde von Auftragsmördern erschossen, als er sich in seinem Haus aufhielt. Die Siebte Armeedivision, der Clan del Golfo und lokale Banden sind dort aktiv.

Im Departamento Antioquia wurde Fidel Antonio Hernández, Mitglied der Junta de Acción Comunal des Viertels Santa María in der Gemeinde Apartadó ermordet. Er war bis 2022 Mitglied der Junta Patriótica Municipal. Hernández wurde seit dem 14. Januar dieses Jahres vermisst, seine Leiche schließlich am 17. Januar in der Nähe der Farm La Chinita in der Gemeinde Apartado, Antioquia, gefunden. In der Region operieren die 7. Division der Armee, die Paramilitärs der AGC und einige lokale Banden.

Am 10. Januar wurde Argemiro Mayo García getötet. Das Verbrechen ereignete sich in der ländlichen Gegend von Mutatá im Departamento Antioquia, wo es in diesem Jahr bereits vier Tötungsdelikte gegeben hat.

Mayo García war Leiter des Jugendhauses in der Gemeinde Mutatá und gehörte dem Gemeinschaftsrat der Afro-Nachkommen Schwarzer Ethnizität der Serranía de Abibe, Río León und Sucio (Consejo Comunitario de Afrodescendientes Etnia Negra de la Serranía de Abibe, Río León y Sucio, Cocosarles) von Pavarandocito an. Außerdem war er Menschenrechtsverteidiger für Schwarze Gemeinden im Rahmen der Sonderjustiz für den Frieden (JEP).

Die JEP verurteilte die Ermordung des bekannten sozialen Anführers.

Im Departamento Arauca wurde am 16. Januar Higinio Bastos Marín im Ortszentrum der Gemeinde Tame ermordet. Er gehörte den Verbänden der Landbezirke-Bürgervertretung Asojuntas an und war Präsident der Junta de Acción Comunal des Dorfes Puente Tabla. In der Region operieren die 8. Division der Armee, die ELN und Farc-Dissidenten. Letzteren wirft die Gemeinde vor, mit den Sicherheitskräften zusammenzuarbeiten, kommunale Anführer zu bedrohen und zu töten sowie soziale Organisationen in der Region anzugreifen.

Nach Angaben von Indepaz und der Menschenrechtsorganisation Fundación Sumapaz wurden in Kolumbien seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen dem Staat und der ehemaligen Farc-Guerilla im Jahr 2016 1.596 Menschenrechtsverteidiger getötet.

21,3 Prozent von ihnen waren Leiter und Leiterinnen von kommunalen Aktionsgremien (Juntas de Acción Comunal).

Die meisten dieser Verbrechen wurden im Departamento Antioquia begangen, vor allem in den Gemeinden des nordwestlichen Antioquia, wie Ituango und Tarazá.