Brasilien: Polizei tötet erneut jungen Mann in Jacarezinho

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Anwohner:innen beklagen die unterlassene Hilfeleistung der Polizei
Anwohner:innen beklagen die unterlassene Hilfeleistung der Polizei

Rio de Janeiro. Nur elf Tage nachdem sich die große Schießerei von Jacarezinho zum ersten Mal jährte, hat die Polizei erneut einen jungen Mann erschossen. Die Anwohner:innen fordern eine lückenlose Aufklärung des Falls.

Ein 18-Jähriger wurde Montagnacht von Mitgliedern der Militärpolizei auf offener Straße angeschossen und erlag daraufhin seinen Verletzungen. Die anwesenden Polizist:innen leisteten allerdings keine Hilfe und ließen den Verletzten zurück. Ein Video zeigt, wie Anwohner:innen den leblosen Körper auf einem Motorrad zur Notaufnahme fahren.

"Mein Sohn wurde in der Favela exekutiert, ohne der Polizei etwas getan zu haben. Ich möchte wissen, warum sie meinen Sohn getötet haben, wenn er kein Drogendealer ist. Sie leisteten keine erste Hilfe, sie gaben ihm nicht das Recht zu überleben. Stattdessen verließen sie rennend den Ort, sie töteten und ließen ihn zurück", erklärt die Mutter des Opfers in einem Interview. Sie fordert eine Aufklärung und Aufarbeitung der Tat.

Nach Angaben der zuständigen Polizeibehörde wurde der Fall bereits für Ermittlungen weitergeleitet. Ebenfalls wurde betont, dass die Polizist:innen keine Möglichkeit hatten, erste Hilfe zu leisten, da sie mit Flaschen und Steinen attackiert worden seien.

Nach dem Vorfall äußerten sich die Bewohner:innen der Favela nicht nur in den sozialen Medien kritisch. Sie organisierten auch in der Nähe der Notaufnahme einen Protest. Auf Videos sind brennende Barrikaden zu sehen. Die Protestierenden fordern Gerechtigkeit und erinnern an die vielen Fälle von tödlicher Polizeigewalt in der Favela Jacarezinho. Auch die Mutter des Verstorbenen beteiligte sich an den Protesten, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Die Favela Jacarezinho verzeichnet eine lange Geschichte von tödlichen Polizeieinsätzen. Vor einem Jahr fand ein Großeinsatz in der Favela statt, bei dem insgesamt 28 Menschen von Polizist:innen getötet wurden (amerika21 berichtete). Es war der tödlichste Einsatz im Jahr 2021 und einer der tödlichsten in der Geschichte der Favela. Unter dem Hashtag #ChacinaDoJacarezinho (Massacker von Jacarezinho) wird noch heute in den sozialen Medien an die Tat erinnert. Bei den Polizeieinsätzen in den Favelas, welche zur Prävention von Drogenkriminalität dienen sollen, sterben immer wieder auch Kinder und Jugendliche.