Parlament von Kuba beschließt acht große Gesetzesprojekte

Intensive Debatten in Gesellschaft und Parlament. Die Neuregelungen in der Rechtssprechung sind notwendig, damit die neue Verfassung von 2019 auch in der Justizpraxis umgesetzt werden kann

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Das kubansiche Parlament verabschiedete acht Gesetzesprojekte
Das kubansiche Parlament verabschiedete acht Gesetzesprojekte

Havanna. Nach der Annahme der neuen Verfassung im Jahr 2019 ist nun die Gesetzgebung auf Kuba umstrukturiert worden, um sie an die Grundlagen der neuen Magna Carta anzupassen. In langen Sitzungen debattierten die Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft und das Parlament Gesetze, die mit der neuen Verfassung und den aktuellen kulturellen Entwicklungen in Einklang stehen.

Mit der Verabschiedung eines neuen Strafgesetzbuches am 15.Mai sowie des Strafvollzugsgesetzes und des Verfahrensgesetzes zum Schutz der Verfassungsrechte durch die kubanische Nationalversammlung der Volksmacht (Asamblea Nacional del Poder Popular), ging ein langer Arbeitsprozess zu Ende.

Der Präsident des Inselstaates, Miguel Díaz-Canel, betonte, dass "Kuba die feste Absicht verfolgt, damit seinen Status als sozialistischen Rechtsstaat zu stärken".

Die vom Parlament zwischen Oktober und Dezember 2021 verabschiedeten Gesetze decken das Straf-, Verwaltungs-, Zivil-, und Arbeitsrecht ab. Auch Justizverfahren im militärischen Kontext erhielten neue Regeln. Insgesamt hat man eine einheitliche Prozessordnung für diese Bereiche entwickelt. Auch die gesamte Struktur des Gerichtssystems wurde reformiert.

Die Abgeordneten bearbeiteten insgesamt acht Gesetzesbereiche: Ernährungssouveränität; Natürliche Ressourcen und Umwelt; Datenschutz; Anwendungsgesetz des Strafgesetzbuches; Normen der Strafverfolgung; Verfahrensnormen zum Schutz der Verfassungsrechte; Urheber- und Autorenrechte; Schutz des kulturellen Erbes und des Naturerbes.

Die neue Verfassung sieht Mechanismen vor, um die darin verankerten Rechte und Garantien juristisch einzufordern. Ein entsprechendes Gesetz (Ley del Proceso de Amparo de los Derechos Constitucionales) wurde nun beschlossen. Bei Verfassungsverstößen sind zwei Instanzen vorgesehen, die erste Instanz auf der Ebene des jeweiligen obersten Provinzgerichts, die nächste und letzte beim obersten Gerichtshof. Klagen gegen höhere Staatsorgane landen direkt beim obersten Gerichtshof. Die Verfahren sollen zügig durchgeführt werden und beiden Parteien die Möglichkeit geben, ihre Position darzulegen und geltend zu machen.

Breiten Raum nahm die Debatte über das neue Strafgesetzbuch (Código Penal) ein. Mit dem neuen Gesetz werden einige Verstöße härter als bislang bestraft, so etwa "die missbräuchliche Nutzung der verfassungsmäßigen Rechte, die aktive Beteiligung an subversiven Aktivitäten sowie strafrechtlich relevante Attacken im digitalen Raum". Die Strafen gegen Korruption werden verschärft, und dabei auch die neuen wirtschaftlichen Akteure mit einbezogen.

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Präsident Díaz-Canel bei seiner Ansprache vor dem Parlament am 17. Mai
Präsident Díaz-Canel bei seiner Ansprache vor dem Parlament am 17. Mai

Das neue Strafvollzugsgesetz (Ley de Ejecución Penal) regelt die Rechte von Gefangenen entsprechend der Verfassung. Ihnen wird der Zugang zu Gerichten garantiert, wenn sie Widerspruch gegen die disziplinarische Behandlung einlegen wollen oder ihre Rechte im Vollzug verletzt sehen. Bei der Reform seien die Mindeststandards der Vereinten Nationen (Tokio-Regeln) sowie die 2015 verabschiedeten Nelson-Mandela-Regeln berücksichtigt worden.

Ebenfalls neu ist ein Gesetz über Persönliche Daten (Ley de Datos Personales). Es legt das Eigentum an den eigenen Daten für Privatpersonen fest, regelt die daraus folgenden Rechte und Pflichten und beinhaltet Aspekte wie Übertragung persönlicher Daten oder Auskunftspflicht von Behörden.

Ein neues Familiengesetzbuch befindet sich gegenwärtig noch im Stadium der Volksbefragung. Sein endgültiger Text soll in knapp einem Monat von der Nationalversammlung debattiert und genehmigt und anschließend einem Referendum unterzogen werden. Auch Gesetze gegen Gender-Gewalt und Gewalt in der Familie, gegen Minderjährige und Behinderte und Gesetze gegen Diskriminierungen jeder Art sind darin enthalten.

Diese Neudefinitionen im Bereich der gesamten Rechtssprechung Kubas sind notwendig, um die neue Verfassung von 2019 auch in der realen Justizpraxis umsetzen zu können.

Díaz-Canel bewertete die neuen Gesetze als sehr positiv: "Sie erfüllen die Prinzipien Kubas: Alles gemeinsam mit dem Volk, nichts gegen das Volk”. Das Gesetzespaket gehöre zu den am meisten in Kuba debattierten Reformen. Er forderte in seiner Rede zum Abschluss der Parlamentssitzungen, den Menschen in Kuba eine stärkere rechtliche Bildung zu vermitteln. Außerdem sollten sie zu noch mehr Beteiligung an den gesellschaftlichen Prozessen motiviert werden.