Kolumbien / Politik

Wahlen in Kolumbien: Linker Kandidat Petro führt wieder in den Umfragen, aber knapp

Umstrittene Äußerungen von Hernández kommen ans Licht. Unfaire Geschäftspraktiken eingestanden.Vorwurf des Besitzes von Offshore-Firmen

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Petro: Ein Teil Kolumbiens habe den Glauben, "dass man mit Schlägen regieren kann", doch "die Mehrheit will Rechte und Würde"
Petro: Ein Teil Kolumbiens habe den Glauben, "dass man mit Schlägen regieren kann", doch "die Mehrheit will Rechte und Würde"

Bogotá. Zum ersten Mal nach dem ersten Wahlgang hat der Präsidentschaftskandidat für das progressive Bündnis Pacto Histórico, Gustavo Petro, in Umfragen die Nase vorn. 48,5 Prozent der Befragten würden den linken Politiker wählen, während 46,7 Prozent für seinen rechten Kontrahenten, Rodolfo Hernández, stimmen würden. Dies hat die Firma GAD3 im Auftrag des Medienunternehmens RCN festgestellt.

Die täglich durchgeführte Tracking-Befragung von GAD3 zeigt einen Aufwärtstrend für Petro und einen Abwärtstrend für Hernández im Laufe der letzten elf Tage. Auch in der Umfrage des Nationalen Beratungsinstituts CNC liegt der Vertreter des Pacto Histórico mit 44,9 Prozent vorn. Der Ex-Bürgermeister von Bucaramanga folgt ihm mit 41 Prozent.

Seit letzter Woche machen alte und neue Äußerungen von Hernández die Runde, bei denen er unter anderem Gesetze verachtet, katholische Symbole beleidigt und sich stolz auf seine unfairen Spekulationsgeschäfte zeigt.

So dokumentiert ein Audio, dass Hernández im Jahr 2016 als Bürgermeister von Bucaramanga angesichts der Weigerung seiner Pressesprecherin, bei der Erstellung eines Dokuments gegen das Gesetz zu verstoßen, sie beschimpfte. "Ich wische mir mit diesem Gesetz den Arsch ab", schrie er dabei und verkündete ihre Entlassung.

Ebenso wurde ein Video von einem Interview veröffentlicht, in dem eine Journalistin ihn vor dem ersten Wahlgang fragt, ob er für die Stichwahl zu Allianzen mit anderen Kandidaten bereit wäre. Der 77-Jährige antwortete: "Ich empfange die Jungfrau Maria und alle Prostituierten, die im selben Viertel mit ihr wohnen, aber ich ändere nicht den Diskurs".

In einem weiteren alten Video, das viral ging, erklärt der Politiker und Unternehmer das Geschäftsmodell seiner Firma HG Constructora (HG Baubetrieb) beim Verkauf von Grundstücken in Bucaramanga. "Wir, HG, sage ich Ihnen, verkaufen Grundstücke von fünf mal acht Meter, 40 Quadratmeter, und ich verkaufe sie für 100 Millionen. Das ist ein Raubüberfall", gesteht er. "Doch, doch", betont Hernández, "zu 2,5 Millionen Pesos pro Quadratmeter".

Darüber hinaus hat der gewählte Senator für den Pacto Histórico, Wilson Arias, darauf verwiesen, dass Hernández und seine Frau Offshore-Firmen hätten. Solche Unternehmen "sind historisch zur Steuerhinterziehung benutzt worden", twitterte Arias und forderte den Ex-Bürgermeister dazu auf, die Steuererklärung von HG Constructora vorzulegen.

Die Anhänger des Pacto Histórico werfen Hernández vor, sich als Korruptionsbekämpfer zu präsentieren, obwohl gegen ihn ein Verfahren wegen Korruption läuft. Der Unternehmer hatte in den Medien die Existenz dieses Gerichtsprozess abgestritten und die Mitarbeitenden der Justiz kritisiert.

Die Gewerkschaft der Angestellten der Staatsanwaltschaft reagierte darauf mit einem offenen Brief an Hernández. Dort verlangen sie, er soll "die Realität und den allgemeinen Kontext" seines Falls "nicht verzerren". Sie werfen ihm vor, "gegen die menschliche Würde und die Unabhängigkeit der Justiz" verstoßen zu haben.

Obwohl Hernández in den Umfragen ein wenig zurückgefallen ist, unterstützt ihn eine beträchtliche Menge von Wähler:innen weiter, deren Motto "alle außer Petro" ist, wie einige Meinungsträger:innen feststellen.

Laut Petro habe ein Teil Kolumbiens "den Glauben, dass man mit Schlägen regieren kann, den Glauben, dass Betrug die Wahrheit ist, den Glauben, dass der abgefeimte Wucherer der Held ist, den Glauben, dass die Demokratie einen 'Sch...' wert ist. Daraus kommt nur der Völkermord. Die Mehrheit in Kolumbien will Rechte und Würde".