Peru / Menschenrechte

Peru: Erfolg für Opfer von Zwangssterilisationen, Gericht ordnet Entschädigungen an

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Die Vereinigung der von Zwangssterilisationen betroffenen peruanischen Frauen hat sich seit vielen Jahren für eine Wiedergutmachung eingesetzt
Die Vereinigung der von Zwangssterilisationen betroffenen peruanischen Frauen hat sich seit vielen Jahren für eine Wiedergutmachung eingesetzt

Lima. Die über 300.000 Opfer von Zwangssterilisationen in Peru sollen nach mehr als 20 Jahren eine umfassende Wiedergutmachung erhalten. Ein Gerichtsurteil von Ende November sieht die Entschädigung der Betroffenen unter Einbezug der Opferorganisationen vor.

Das Urteil ist das Resultat einer Klage von April 2021. Das Gerichtsverfahren hätte sechs Monate dauern sollen, zog sich jedoch fast zwei Jahre hin.

Die Zwangssterilisationen wurden zwischen 1996 und 2000 unter der Regierung von Alberto Fujimiro an über 300.000 Bäuerinnen, indigenen Frauen sowie Frauen aus den Anden und dem Amazonasgebiet verübt. Dies geschah im Rahmen einer staatlichen "Geburtenkontrollpolitik", die vorgab, die Geburtenrate der ländlichen Bevölkerung eindämmen zu wollen, um die Armut zu bekämpfen. Die Eingriffe geschahen teilweise ohne das Wissen der Frauen.

Das Gericht weist das Justizministerium nun an, die Betroffenen zu entschädigen und dabei die Opferverbände einzubeziehen. Es lehnt sich dabei an die Amerikanische Menschenrechtscharta an. Das Ministerium hat die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Yudith Conto, Anwältin der Gruppe "Menschenrechte ohne Grenzen" hofft auf ein baldiges Treffen und eine Einigung über die Entschädigung.

Die beteiligten Organisationen schlagen vor, die Wiedergutmachung in Form von Zugang zu Gesundheitsversorgung für die Opfer und Zugang zu Bildung für ihre Kinder, Enkelkinder und weitere Nachkommen zu gewähren. Andere Möglichkeiten wären Programme zur symbolischen Wiedergutmachung, der Wiederherstellung von Bürgerrechten oder wirtschaftliche Maßnahmen.

Sie befürchten indes, dass das Justizministerium auf die Einrichtung des Registers für die Opfer von Zwangssterilisationen (Reviesfo) als bereits ausreichende Maßnahme zur Wiedergutmachung verweist und dies vom Gericht anerkannt werden könnte.

Die Praxis zeigt jedoch, dass es bei der Umsetzung von Reviesfo Probleme gibt und das Register allein als Wiedergutmachung nicht ausreicht. Eigentlich garantiert ein Eintrag den Anspruch auf ärztliche Versorgung. In der Praxis wird dies den Opfern aber oft verwehrt, weil die Ärzte das Zertifikat nicht anerkennen. Gesundheitsversorgung ist dringend notwendig, weil viele Opfer noch Jahre später an den Folgen des Eingriffs leiden.

Ein zweites Problem mit Reviesfo ist, dass viele der Opfer gar nicht registriert sind und somit von den versprochenen Rechten nicht profitieren. Aktuell gibt es nur rund 8.000 Einträge. Betroffene wurden zum Teil nicht darüber informiert, dass sie sich registrieren können. Außerdem müssen Beweise oder Zeugen existieren, die den Status als Opfer belegen. Dies ist für viele nur schwer möglich. Zudem führt die Stigmatisierung dazu, dass viele Angst haben, über das Erlebte zu berichten und sich daher auch nicht registrieren möchten.

Derzeit läuft auch noch ein Verfahren, um die Bestrafung der Verantwortlichen zu erreichen: Angeklagt sind Fujimori sowie seine Gesundheitsminister Eduardo Yong Motta, Marino Costa Bauer und Alejandro Aguinaga Recuenco.