Präsident von Kolumbien verteidigt Fortschritte am Verhandlungstisch

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Senator Iván Cepeda bestätigt Fortschritte bei den Gesprächen in Havanna
Senator Iván Cepeda bestätigt Fortschritte bei den Gesprächen in Havanna

Bogotá. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hat in seiner Rede zum Unabhängigkeitstag vor dem Kongress sein Projekt vom "totalen Frieden" für das kriegsgebeutelte Land verteidigt. Petro ist seit seinem Amtsantritt letzten August laufender Kritik seitens seiner Gegner:innen ausgesetzt, die ihm vorwerden, "zu lax" mit den Rebell:innen umzugehen und die Operationen der Sicherheitskräfte zu behindern.

Der Staatschef entgegnete dem anlässlich des 20. Juli, Frieden sei "keine bloße Verhandlung zwischen bewaffneten Gruppen, sondern eine nationale Vereinbarung der gesamten Gesellschaft". Zudem legte er einen Rückgang der Opferzahlen vor, der im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent bei der Armee und 55 Prozent bei der Polizei betrage.

Nachdem die Gespräche in den vergangenen Wochen ins Stocken geraten waren, erzielten die Friedensdelegationen der Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional, ELN) und der Regierung diese Woche erhebliche Fortschritte. Die Verhandlungspartner haben neben dem bereits Vereinbarten neun weitere Protokolle unterzeichnet. Diese zielen darauf ab, die Bevölkerung in die Verhandlungen mit der größten Rebellengruppe des Landes einzubeziehen und die Einhaltung des bereits unterzeichneten Waffenstillstands zu gewährleisten.

Am Samstag wurde die Vorgehensweise des Beteiligungskomitees veröffentlicht. Mittels vier Phasen soll bis Mai 2025 ein endgültiger Friedenspakt erreicht werden. Phase eins wird in diesem Monat beginnen. Zur Überwachung des Waffenstillstands wurde ein Mechanismus geschaffen, der die Situation alle zwei Monate auf regionaler und lokaler Ebene auswertet und potenzielle Gefahren frühzeitig erkennen soll.

Zunächst sollen 15 nationale und neun regionale Zusammenkünfte stattfinden. Ziel ist es, Vorschläge aus der Bevölkerung zu sammeln, um diese am Verhandlungstisch mit der Guerilla einzubringen. Das 22-seitige Dokument legt die Arbeitsweise des Komitees, die Art der Beteiligung der Zivilgesellschaft und den Zeitplan der Zusammenkünfte fest. Der Ausschuss setzt sich aus 81 Vertretern von 30 sozialen Bewegungen und Gewerkschaften zusammen, die im Rahmen von Workshops, Treffen und weiteren Aktivitäten Vorschläge und Empfehlungen für die Ausarbeitung des Nationalen Beteiligungsplans sammeln werden.

Die ELN verhandelt seit November 2022 wieder mit der Regierung. Nachdem mindestens fünf ehemalige Staatschefs gescheitert sind, möchte der amtierender Präsident im Rahmen eines "totalen Friedens’" nach über 50 Jahren bewaffneter Auseinandersetzungen ein Abkommen erreichen. Im Vergleich zu früheren Gesprächen zwischen Staat und ELN-Rebell:innen können die aktuellen Ergebnisse als Novum gelten. Horacio Guerrero, Unterhändler der Regierung, sprach von einem "fundamentalen Durchbruch", man sei so weit fortgeschritten "wie nie zuvor".

Iván Cepeda, ebenfalls Mitglied der Delegation, schloss sich dem an und ordnete das Vereinbarte als "wesentliche und positive Fortschritte" ein.

Die ELN bestätigte die Vereinbarungen auf ihrem Twitter-Kanal. Indes musste sie einen vermeintlichen "Aufruf zum bewaffneten Streik", der kurz nach dem Übereinkommen mit der Regierung in Umlauf gelangte, als Fälschung dementieren. Vielmehr bereite die ELN sich auf den 3. August vor, an dem in einem öffentlichen Akt das Nationale Beteiligungskomitee eingesetzt werden soll und der sechsmonatige landesweite Waffenstillstand zwischen den Streitkräften und der ELN beginnt.

Bald sollen auch offizielle Dialoge zwischen Dissidentengruppen der ehemaligen Farc-Guerilla wie auch kriminellen Strukturen der Hafenstadt Buenaventura und der Regierung beginnen.