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Trotz Waffenstillstand zwischen ELN und Militär: Kein Ende der Gewalt in Kolumbien

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Neben anderen kriminellen Banden sind die Autodefensas Gaitanistas (AGC) des Clan del Golfo weiterhin aktiv
Neben anderen kriminellen Banden sind die Autodefensas Gaitanistas (AGC) des Clan del Golfo weiterhin aktiv

Bogotá. Der Waffenstillstand zwischen den Streitkräften Kolumbiens und der Guerilla Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional, ELN) ist am 6. Juli in Kraft getreten.

Wie die Regierung von Präsident Gustavo Petro mit der ernsten Situation der Gewalt weiter umgehen will, die von paramilitärischen Gruppen, Farc-Dissidenten und kriminellen Banden ausgeht und die Gemeinden in verschiedenen Teilen des Landes plagt, ist indes noch unklar.

In mehreren Regionen herrscht aufgrund des Wiederaufflammens des bewaffneten Konflikts Unsicherheit, obwohl die Regierung mit ihrer Politik des Dialogs und des "totalen Friedens" versucht, das Ausmaß der Gewalt zu verringern.

Andererseits hat die ELN auch deutlich gemacht, dass sie sich gegen "jede bewaffnete Gruppe" verteidigen wird. Daher deutet alles darauf hin, dass mehrere regionale Konflikte weitergehen werden.

Im Nordosten von Antioquia, in der Gemeinde Segovia, klagen die Gemeinschaften über Absperrungen der Gemeinde, Nahrungsmittelknappheit und Vertreibung aufgrund von Kämpfen zwischen dem Clan del Golfo und einer anderen, noch nicht identifizierten bewaffneten Gruppe. Sie prangern zudem an, dass es in Bajo Cauca ständig Straßensperren durch diese Paramilitärs gibt.

Vor einigen Tagen rief der Allgemeine Gemeinderat von San Juan im Chocó wegen der Eskalation des Konflikts in den Gemeinden Istmina, Nóvita und Sipí den humanitären Notstand aus. Sie berichten von Absperrungen der Orte, Versorgungsengpässen und Verletzten.

Außerdem forderten sie die Institutionen auf, sich an frühere Vereinbarungen zu halten, die soziale Investitionen, Schutzmaßnahmen und Hilfe für die Bevölkerung vorsahen.

In Buenaventura ist die Situation noch komplexer. Kürzlich wurde in den sozialen Netzwerken ein Video verbreitet, in dem vermummte Männer mit Langwaffen, die "Los de Robert" genannt werden, den "Los de Jalisco", einer anderen rivalisierenden Bande, sowie anderen bekannten Banden wie "Los Shotas" und "Los Espartanos" den Krieg erklärten.

Während sich der Krieg zwischen den kriminellen Banden im Stadtgebiet des Hafens verschärft, kommt es in der ländlichen Gegend von Bajo Calima zu Zusammenstößen zwischen der ELN und den Paramilitärs des Clan del Golfo, auch bekannt als Autodefensas Gaitanistas (AGC).

In der Region Naya kam es zu Zusammenstößen zwischen der ELN und der "Frente Jaime Martínez", einer Dissidentengruppe der früheren Farc-Guerilla.

Weiter im Süden prangert die indigene Gemeinschaft der Awá an, dass die Gewalt in ihrem Gebiet in Nariño am Pazifik nicht nachlässt. Sie berichtet von Absperrungen, vertriebenen Familien, Morden und Drohungen und hat die staatlichen Institutionen um Schutzmaßnahmen und humanitäre Begleitung ersucht.

Mit der Regierungspolitik des "totalen Friedens" ist bislang kein wirkliches Ende der Feindseligkeiten mit den anderen Gruppen erreicht worden. Im Gegenteil, sie drangsalieren die Gemeinschaften mit Drohungen und Vertreibung.

Außerdem ist der von der Regierung zu Jahresbeginn vorgeschlagene Waffenstillstand nicht eingehalten worden, wobei die Regierung weder klare Regeln aufgestellt noch eine Strategie für die korrekte Umsetzung entwickelt hatte.

Dies hängt mit dem Status dieser Gruppen zusammen, die kein einheitliches Kommando, geschweige denn politische Motive in ihrem Selbstverständnis aufweisen, da sie stark mit illegalen Geschäften verbunden sind.

Heute warten die Gemeinschaften und Menschenrechtsorganisationen darauf, dass die Regierung wirksame Schutzmaßnahmen für soziale Anführer und allgemein für die Gemeinschaften in den vom bewaffneten Konflikt am stärksten betroffenen Regionen ergreift.