Peru / Politik

Internes Zerwürfnis der Rechten in Peru: Generalstaatsanwältin wendet sich gegen Präsidentin

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"Alle sollen gehen": Protest gegen Regierung, Kongress und korrupte Staatsanwaltschaft
"Alle sollen gehen": Protest gegen Regierung, Kongress und korrupte Staatsanwaltschaft

Lima. Die Generalstaatsanwältin von Peru, Patricia Benavides, hat Anklage gegen Präsidentin Dina Boluarte erhoben. Sie wirft ihr vor, für den Tod von 49 Demonstranten bei der staatlichen Repression gegen die regierungskritischen Proteste Ende 2022 und Anfang 2023 verantwortlich zu sein.

Der Schritt wird indes von der Öffentlichkeit als Gegenreaktion auf laufende Antikorruptionsermittlungen gegen Benavides gewertet, die somit nun ihre Allianz mit Boluartes Rechtsregierung aufkündigt.

Zunächst war unter dem Decknamen "Operation Walküre" am frühen Montagmorgen Benavides’ Ex-Berater Jaime Villanueva von der Sonderermittlungsbehörde für Korruption (Eficcop) verhaftet worden. Auch die Büros und Wohnräume weiterer Mitarbeiter:innen der Generalstaatsanwältin wurden durchsucht.

Benavides und ihr Team sollen in ein Korruptionsnetzwerk verstrickt sein. Dabei soll sie Strafanzeigen gegen Kongressabgeordnete fallen gelassen haben, um im Gegenzug Einfluss auf politische Besetzungen in der nationalen Justizbehörde (JNJ) zu nehmen. Darunter etwa der umstrittene Ombudsmann für Menschenrechte, Josué Gutiérrez, der selbst über keinerlei Menschenrechtserfahrung verfügt und als Verbündeter der Ultrarechten gilt.

Villanueva konnte nachgewiesen werden, dass er – mutmaßlich in Benavides’ Auftrag – Kongressabgeordnete unter Druck gesetzt hatte, damit keine "caviares" ("linke Eliten") die Kontrolle in der JNJ innehätten.

Ein weiteres Beispiel für die Einflussnahme durch Benavides‘ Team war das Amtsverbot für Ex-Generalstaatsanwältin Zoraida Ávalos, das im Juni erfolgte. Ihr war vorgeworfen worden, nicht hartnäckig genug gegen den linken Ex-Präsidenten Pedro Castillo ermittelt zu haben.

Nach Bekanntwerden der "Operation Walküre" reagierte Benavides umgehend und entließ die Leiterin der Eficcop, Marita Barreto, wogegen diese sogleich Berufung einlegte. In einem weiteren Schritt kündigte die Generalstaatsanwältin, die lange Zeit als Boluartes‘ Verbündete galt (amerika21 berichtete) eine Verfassungsklage gegen die Präsidentin an.

Diese bezieht sich auf die laufenden Ermittlungen zu den mutmaßlichen Menschenrechtsverbrechen von Boluarte, die durch staatliche Repression bei Demonstrationen infolge der Absetzung des Linkspräsidenten Castillo für den Tod von mindestens 49 Personen verantwortlich sein soll. Die Anklage präsentierte Benavides live im Fernsehen. Sie nannte die Antikorruptionsermittlungen gegen sie eine "Attacke" und erklärte, die Regierung stecke dahinter.

In einer ebenfalls live übertragenen Regierungsansprache adressierte die Präsidentin den Vorfall: Es sei schon bemerkenswert, dass die Anklage nun erfolge, nachdem die Öffentlichkeit von der Verhaftung und der Razzia gegen das Team der Generalstaatsanwältin erfahren habe.

Für nächste Woche hat die JNJ eine etwaige Suspendierung von Benavides auf die Agenda genommen.

Die Zivilgesellschaft reagiert empört auf das "Polit-Drama" zwischen der Präsidentin und ihrer ehemaligen Verbündeten. Für den heutigen Samstag ist eine Großdemonstration in Lima geplant, auf der unter dem Motto "Que se vayan todos" (Alle sollen gehen!) die Absetzung der Generalstaatsanwältin sowie der Rücktritt der Präsidentin und Neuwahlen des Kongresses gefordert werden.

Für den 6. Dezember sind weitere Proteste in anderen Landesteilen geplant. Denn ab dem Tag jähre sich "die Barbarei der Regierung Boluarte", erklärte einer der Organisatoren der Proteste und Indigenenvertreter, Jorge Pizarro. Egal ob Regierung oder korrupte Staatsanwaltschaft: "Unser Kampf richtet sich gegen sie, wir können ihnen gegenüber nicht gleichgültig sein, und dafür müssen wir uns mit allen gesellschaftlichen Kräften zusammentun."