Brasília. Die brasilianische Justiz hat Ermittlungen gegen den Unternehmer Elon Musk eingeleitet. Der Richter des Obersten Bundesgerichts (STF), Alexandre de Moraes, wirft dem X-Eigentümer die "kriminelle Instrumentalisierung“ des sozialen Netzwerkes vor, nachdem er von Musk angefeindet und der Zensur beschuldigt wurde.
Grund für Musks Anschuldigungen waren gerichtliche Anordnungen von de Moraes, X-Konten wegen des Verdachts auf Verbreitung von Falschinformationen zu sperren – insbesondere von Anhänger:innen des früheren ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro (2019-2022).
Musk droht nun damit, die gerichtliche Anordnung zur Sperrung der Nutzerkonten zu missachten. Auf X schrieb er, Moraes habe damit die Verfassung verraten und forderte den Rücktritt oder die Absetzung des Richters. Moraes sei "ein brasilianischer Diktator".
De Moraes reagierte auf die Vorwürfe und verteidigte seinen Erlass: "Soziale Netzwerke sind kein rechtsfreier Raum", so der STF-Richter, der seit Jahren juristisch gegen Desinformation im Internet vorgeht. Der Mikrobloggingdienst X müsse es unterlassen, "eine gerichtliche Anordnung zu missachten".
Er sehe im jüngsten Verhalten von Musk nicht nur ein Anzeichen für Behinderung der Justiz und Anstiftung zu Straftaten, sondern auch, dass X und Musk die Souveränität Brasiliens verletzen würden.
Für jedes gesperrte Konto, das X reaktivieren werde, soll eine Geldstrafe in Höhe von etwa 100.000 Reais (etwa 18.300 Euro) pro Tag verhängt werden.
"Wir werden wahrscheinlich alle unsere Einnahmen in Brasilien verlieren und unsere Büros dort schließen müssen. Aber Prinzipien sind wichtiger als Gewinne", kommentierte Musk, eine der reichsten Personen der Welt.
Rechtsgerichtete Politiker:innen und Bolsonaro-Unterstützer:innen solidarisieren sich mit dem weltweit agierenden Unternehmer. In einem Manifest verteidigen sie ihn und fordern die Amtsenthebung von de Moraes.
Bolsonaro erklärte, Musk habe sich nicht einschüchtern lassen und den Kampf für die Freiheit in Brasilien aufgenommen. "Unsere Freiheit liegt zu einem großen Teil in seinen Händen", sagte er. Die Meinungsfreiheit in Brasilien sei bedroht.
Zuspruch erhielt de Moraes aus den eigenen Reihen. STF-Präsident Luis Roberto Barroso mahnte in einer Erklärung, dass "alle in Brasilien tätigen Unternehmen" sich den Justizbehörden beugen müssten.
Jorge Messias, Generalstaatsanwaltschaft, sprach sich für eine "dringende Regulierung der sozialen Netzwerke" aus. Auf X schrieb er, Brasilien müsse verhindern, dass "im Ausland lebende Milliardäre" den demokratischen Rechtsstaat angreifen, ohne Musk namentlich zu erwähnen.
Ähnlich argumentiert auch João Brant, Sekretär für digitale Politik im Sekretariat für Kommunikation der Präsidentschaft. "Die Haltung von Elon Musk zeigt seine Verachtung für die brasilianische Justiz. Er reagiert politisch auf die Aufregung der letzten Tage, indem er alte Urteile wieder aufwärmt und die Gelegenheit nutzt, ulrarechte Propaganda zu schüren.“
Musk bezeichnet sich selbst als "absoluten Verfechter der Meinungsfreiheit". Seit seiner Übernahme von X im Jahr 2022 sorgte er weltweit für Kontroversen. Unter anderem wurde das soziale Netzwerk wegen "politischer Voreingenommenheit" kritisiert. Nutzer:innen sowie Expert:innen verweisen seit längerem auf die "Zunahme von Hassreden und Desinformation". Die Plattform hatte ihre Moderationsteams für Inhalte reduziert.