Guatemala / Politik

Kritik an neuem Kabinett in Guatemala, eine Ministerin tritt schon vor Amtsantritt zurück

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Stößt auch auf Kritik: Das neue Kabinett von Bernardo Arévalo
Stößt auch auf Kritik: Das neue Kabinett von Bernardo Arévalo

Guatemala-Stadt. Unmittelbar nach der Vorstellung des Kabinetts des designierten Präsidenten von Guatemala, Bernardo Arévalo, hat es Proteste wegen der Zusammensetzung gegeben. Insbesondere indigene Organisationen sehen sich nicht repräsentiert.

Sehr umstritten war die vorgesehene Ministerin für Bergbau und Energie, Anayté Guardado. Die Unternehmerin und Mitglied des Unternehmerverbandes wurde wegen ihrer Verbindungen zu Wasserkraft- und Bergbauunternehmen kritisiert. Laut dem Internetportal Soy502 wurde sogar angedeutet, das sie an der Kriminalisierung von Bernardo Caal beteiligt gewesen sei.

Guardado bestätigte gegenüber Soy502 ihren Rückzug und versicherte, dies geschehe, "weil das Präsidentenduo Caal unterstützt". Der Lehrer und Gewerkschafter war als Stimme des Widerstands gegen den Bau von Wasserkraftwerken am Rio Cahabón 2018 inhaftiert worden. Amnesty International bezeichnete ihn als "gewaltfreien politischen Gefangenen". Im März 2022 konnte er nach 50 Monaten das Gefängnis verlassen (amerika 21 berichtete).

Ein neuer Name für das Ministeramt wurde bisher nicht bekannt.

Auf Kritik stieß außerdem, dass mehrere der Minister hohe Ämter in früheren Staatsführungen innehatten. Zu nennen sind hier der künftige Innenminister Fransisco Jiménez, der dieses Amt schon in der Regierung von Álvaro Colom (2008-2012) ausübte, und Außenminister Carlos Martínez, der in verschiedenen Regierungen der vergangenen Jahrzehnte Vizeaußenminister war, zuletzt 2020-2022 unter dem scheidenden Präsidenten Alejandro Giammattei.

Auch die vorgesehene Ministerin für Kommunikation, Infrastruktur und Wohnen, Jazmín de la Vega, kommt aus den Reihen des Unternehmerverbandes. Sie war außerdem Abgeordnete der Regierungspartei Pan (Partido de Avanzada Nacional) in der Amtszeit von Álvaro Arzú (1996-2000). Unter Arzú wurden verschiedene Unternehmen privatisiert, wie die Elektrizitätsgesellschaft und der Telefonanbieter.

Mehrere Ministerposten in dem Kabinett, das erstmals in der Geschichte Guatemalas aus sieben Männern und sieben Frauen besteht, werden von Personen direkt aus der Partei Movimiento Semilla gestellt. Jonathan Menkos wird das Finanzministerium leiten, er gilt als einer der engsten Vertrauten Arévalos. Abelardo Pinto, aktuell stellvertretender Generalsekretär der Partei, wird dem Entwicklungsministerium vorstehen. Die Mitbegründerin von Semilla und Mitglied des Exekutivkomitees, Annabella Giracca, wird Bildungsministerin.

Die größte Gruppe machen nicht-parteigebundene Fachleute aus. Dazu zählen die Leiter der Ressorts Wirtschaft, Kultur, Umwelt, Arbeit und Gesundheit. Letzteres wird von Óscar Cordón geleitet, Chirug und Spezialist im Bereich öffentliche Gesundheit.

Mit Miriam Roquel ist nur die künftige Arbeitsministerin indigener Herkunft. Die Indigenen, insbesondere Angehörige der 22 Maya-Völker, machen rund die Hälfte der Bevölkerung Guatemalas aus.

Die 48 Kantone, eine indigene Selbstverwaltungsstruktur aus dem Departamento Totonicapán, die führend an den Protesten zur Verteidigung von Arévalo beteiligt waren, schrieben in einer Pressemitteilung: "Leider hat die Regierung die historische Möglichkeit eines inklusiven Regierungsmodells nicht genutzt".

Unterdessen sind die juristischen Angriffe auf das gewählte Präsidentenduo noch nicht beendet. Medien berichteten am Mittwoch von einem "möglichen Haftbefehl" gegen Vizepräsidentin Karin Herrera im Zusammenhang mit angeblichen Straftaten bei der Besetzung der San-Carlos-Universität (amerika 21 berichtete). Herrera legte am Donnerstagmorgen Einspruch vor dem Verfassungsgericht ein. 

Zur Amtseinführung am Sonntag wird aus dem ganzen Land in die Hauptstadt mobilisiert. Raúl Barrera, Abgeordneter von Semilla, sagte gegenüber amerika 21: "Zum ersten Mal seit dem Amtsantritt von Jacobo Árbenz vor 73 Jahren werden Zehntausende eine Regierung in Guatemala begrüßen."