"Aktive Unterstützung der Verstöße Israels gegen das Völkerrecht": Nicaragua verklagt die BRD

Deutschland habe von "der schwerwiegenden Rechtswidrigkeit des israelischen Verhaltens" gewusst

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Auszug aus der PM: "Deutschland ignoriert weiterhin seine Verpflichtungen und unterstützt aktiv die Verstöße Israels gegen das Völkerrecht..."
Auszug aus der PM: "Deutschland ignoriert weiterhin seine Verpflichtungen und unterstützt aktiv die Verstöße Israels gegen das Völkerrecht..."

Managua/Den Haag. Die Regierung von Nicaragua hat am Freitag beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Sie wirft der BRD vor, "die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle, die unabdingbaren Grundsätze des humanitären Völkerrechts und andere zwingende Normen des allgemeinen Völkerrechts in Bezug auf die besetzten palästinensischen Gebiete, insbesondere den Gazastreifen" zu verletzen.

Dies geht aus einer Pressemitteilung der Regierung von Präsident Daniel Ortega vom 1. März hervor.

Anfang Februar hatte die nicaraguanische Regierung bereits angekündigt, dass sie Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Kanada vor dem IGH wegen "Unterstützung beim Völkermord am palästinensischen Volk in Gaza" verklagen wolle. Die Regierungen der genannten Länder wurden "dringend aufgefordert", die Lieferung von Waffen, Munition, Technologie und/oder Komponenten an Israel unverzüglich einzustellen.

Es sei wahrscheinlich, dass sie dazu verwendet würden, Verstöße gegen die Völkermordkonvention zu erleichtern oder zu begehen. Kritisiert wurde außerdem die Ankündigung dieser Länder, die Zahlungen für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) zu stoppen. In einer Verbalnote erinnerte Nicaragua die vier Regierungen daran, dass der IGH auf Grund der Fakten und Umstände des israelischen Vorgehens gegen die Palästinenser in Gaza am 26. Januar 2024 zu dem Schluss kam, "dass zumindest einige der von Südafrika geltend gemachten Rechte plausibel sind".

Südafrika hatte Klage gegen den Staat Israel wegen der mutmaßlichen Verletzung der Konvention über den Völkermord hinsichtlich der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen eingereicht. Die Klage wird in Lateinamerika von Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Kuba, Nicaragua und Venezuela unterstützt.

In der Pressemitteilung der Regierung Ortega vom 1. März heißt es nun, im Gazastreifen seien seit Beginn der israelischen Offensive bei einer Bevölkerung von etwa 2,3 Millionen mindestens 29.782 Palästinenser getötet, 70.043 verletzt und 1,7 Millionen zwangsumgesiedelt worden. Die meisten befänden sich derzeit in Rafah, das sich zum größten Flüchtlingslager der Welt entwickelt habe.

"Mit all den öffentlich zugänglichen Nachrichten und Videoaufnahmen der Gräueltaten, wie sie sich ereigneten, zusammen mit den Erklärungen internationaler Beamter und dem Beschluss des IGH vom 26. Januar 2024" könne Deutschland nicht leugnen, dass es "von der schwerwiegenden Rechtswidrigkeit des israelischen Verhaltens wusste". Die deutsche Regierung könne auch nicht leugnen, "dass dieses Wissen für Deutschland nach dem Völkerrecht die Verpflichtung begründete, Völkermord zu verhindern, keine Hilfe oder Unterstützung zu leisten oder sich an Völkermord mitschuldig zu machen und die Einhaltung der Regeln des humanitären Völkerrechts und anderer zwingender Normen des Völkerrechts zu gewährleisten".

Deutschland habe Israel politisch, finanziell und militärisch unterstützt, obwohl es zum Zeitpunkt der Genehmigungen gewusst habe, dass etwa die militärische Ausrüstung "für schwere Verstöße gegen das Völkerrecht eingesetzt werden würde".

Nicaragua wirft der BRD zudem vor, dass sie die Unterstützung für das UNRWA, das die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Hilfe in den besetzten palästinensischen Gebieten trägt, eingestellt hat. Die Vereinten Nationen hätten bestätigt, dass es derzeit durch keine andere Organisation ersetzt werden könne.

"Deutschland ist sich der tödlichen praktischen Auswirkungen seiner Entscheidung, die Mittel für das UNRWA zu kürzen, sehr bewusst. Dies kommt einer kollektiven Bestrafung von Millionen von Palästinensern, insbesondere im Gazastreifen gleich, da sie zu Hunger, Unterernährung und Krankheiten verurteilt sind, wenn das UNRWA seine Tätigkeit einstellt", so die Mitteilung weiter.

"Bedauerlicherweise" hätten trotz der Verbalnote an die Bundesregierung vom 2. Februar "die Lieferungen von militärischen Waffen und anderen Gütern, die für die begangenen Unrechtstaten verwendet werden können, weder aufgehört noch abgenommen. Vielmehr haben sie zugenommen". Deutschland ignoriere weiterhin seine Verpflichtungen und "unterstützt aktiv die Verstöße Israels gegen das Völkerrecht, zum unmittelbaren und schweren Schaden des palästinensischen Volkes, insbesondere der Bewohner von Gaza, und der internationalen Gemeinschaft".

Eine Stellungnahme der Bundesregierung liegt derzeit noch nicht vor.

Auf die Frage des Journalisten Florian Warweg vom Portal Nachdenkseiten bei der Bundespressekonferenz am 7. Februar nach der Verbalnote Nicaraguas und der Ankündigung einer Klage vor dem IGH, hatte die Sprecherin des Außenamtes, Kathrin Deschauer, lediglich geantwortet: Man habe "Kenntnis von einer Pressemitteilung. Weitere Schritte darüber hinaus, die Sie andeuten, kann ich hier nicht bestätigen. Darüber hinaus weisen wir natürlich entsprechende Inhalte der Pressemitteilung zurück".