Erste große Landarbeiterdemonstration in Guatemala in der Amtszeit Arévalos

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Anhänger von Codeca auf dem Weg zum Platz der Verfassung in Guatemala-Stadt
Anhänger von Codeca auf dem Weg zum Platz der Verfassung in Guatemala-Stadt

Guatemala-Stadt. Tausende Menschen haben am Mittwoch in Guatemela für den Rücktritt der Generalstaatsanwältin sowie gegen die hohen Lebenshaltungskosten und gewaltsame Vertreibungen demonstriert. Aufgerufen hatte die Landarbeiter- und Kleinbauerorganisation Codeca (Komitee für bäuerliche Entwicklung).

Die Demonstranten zogen in vier Zügen zum Platz der Verfassung, wo eine zentrale Kundgebung abgehalten wurde. Sie forderten den sofortigen Rücktritt und die Festnahme der Generalstaatsanwältin Consuelo Porras, die als Vertraute des sogenannten Paktes der Korrupten gilt, sowie die Festnahme der Ex-Präsidenten Jimmy Morales und Alejandro Giammattei.

Kritisiert wurden die in den letzten Monaten nochmal deutlich gestiegenen Preise, vor allem für Lebensmittel. Auch bedingt durch die Witterung mit wochenlanger Trockenheit und jetzt starken Regenfällen (amerika 21 berichtete) haben sich die Preise für Obst und Gemüse teilweise verdoppelt. Schon Anfang des Jahres wurden die notwendigen Ausgaben einer fünfköpfigen Familie in allen Lebensbereichen mit 10.243 Quetzales (etwa 1.220 Euro) angegeben, mehr als das dreifache des gesetzlich festgelegten Mindestlohn.

Vicenta Jerónimo, leitendes Codeca-Mitglied und ehemalige Abgeordnete der Partei Bewegung für die Befreiung der Völker (MLP), hatte auf einer Pressekonferenz vor der Demonstration erklärt: "Preissenkungen liegen in den Händen der Regierung". Bisher hatte Präsident Bernardo Arévalo zwar die Ausweitung der Sozialtarife beim Stromverbrauch angeordnet (amerika 21 berichtete), weitere angekündigte Maßnahmen gegen die Preissteigerungen bleiben bisher aber aus.

Jerónimo forderte auch das Ende von gewaltsamen Räumungen. Polizei und Paramilitärs vertrieben in den vergangenen Wochen mehrere Gemeindebewohner, wie auch andere Landarbeiterorganisationen kritisierten.

Codeca hatte Arévalo im Vorfeld der Demonstration aufgefordert, den Prozess einer plurinationalen verfassungsgebenden Versammlung einzuleiten. Dies ist seit Jahren neben dem Stopp der Privatisierungen eine ihrer Kernforderungen. Jerónimo betonte aber auch, nicht gegen die Regierung, sondern gegen das "neoliberale System" zu demonstrieren. Arévalo müsse zeigen, ob er zum "Volk oder zum Unternehmerverband Cacif steht".

Mit der Demonstration wurde das angespannte Verhältnis zwischen der Landarbeiterorganisation und dem Staatschef deutlich. Laut Codeca wollte eine Delegation mit dem Präsidenten reden, dieser habe sie aber nicht empfangen. Das wurde in einer Erklärung kritisiert. Viele Demonstranten hätten die "minimale Hoffnung gehabt, Arévalo würde sich von den übrigen neoliberalen und rassistischen Regierungen unterscheiden". Auch sei es nicht das erste Mal, dass Codeca vom Präsidenten ignoriert werde. So sei die Organisation nicht zu einem Treffen mit anderen Landarbeiterorganisationen eingeladen worden und ein Gesprächsangebot von Leitern der Organisation habe für den Staatschef keine Priorität gehabt.

Die Demonstranten würden erkennen, dass "Semilla und Arévalo genauso oder schlechter sind als vorangegangene Regierungen, mit dem Unterschied, dass Arévalo indigene Organisationen und Persönlichkeiten mit untergeordneten Posten in seiner Zentralregierung und bei den Gouverneuren zum Schweigen bringt … Arévalo war und ist ein trojanisches Pferd, das strukturelle Veränderungen verhindern soll".

Von Arévalo selbst sind dazu keine Äußerungen bekannt. Nach Presseinformationen war er am Tag der Demonstration zu einem mehrstündigen Besuch im benachbarten Departamento Sacatepéquez, wo er von den Unwettern betroffene Anwohner besuchte.

Codeca hatte 2018 mit der MLP eine eigene Partei gegründet, die 2019 mit der Präsidentschaftskandidatin Thelma Cabrera mit 10,4 Prozent überraschend den vierten Platz erreichte. 2023 wurde das MLP-Kandidatenduo von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen. Bei den Parlamentswahlen konnte die Partei keinen Abgeordneten mehr ins Parlament bringen und musste sich aufgrund des restriktiven Parteiengesetzes auflösen.

Eine Wahlallianz mit anderen Parteien aus dem linken und progressiven Spektrum hatte die Leitung der MLP stets abgelehnt.