Panama-Stadt. Seit dem 15. April 2025 protestieren in Panama Tausende Menschen im ganzen Land gegen geplante Reformen der Sozialversicherung (CSS) und bilaterale Vereinbarungen mit den USA.
Der unbefristete Streik mit Straßenblockaden in mehreren Sektoren hat bereits zu Konfrontationen mit der Polizei geführt.
Der Auslöser der Proteste ist das Gesetz 462 zur Reform der Sozialversicherung (Caja de Seguro Social, CSS), das am 15. April 2025 vom Parlament verabschiedet wurde. Das Gesetz sieht unter anderem vor, das bisherige solidarische Rentensystem in ein gemischtes System zu überführen.
Kritiker:innen befürchten, dass dies zu Rentenkürzungen und größerer sozialer Unsicherheit führt.
Neben der Rentenreform richtet sich der Unmut der Protestierenden auch gegen eine Reihe von bilateralen Abkommen mit den USA, die unter anderem die Präsenz von US-Militärpersonal und -beratern im Land regeln. Diese Abkommen wurden im März ohne breite öffentliche Debatte unterzeichnet und von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen als intransparent und bedenklich kritisiert.
Die Proteste begannen mit Streiks der Lehrer:innengewerkschaften und haben sich rasch auf andere Sektoren ausgeweitet. Aktuell beteiligen sich auch Gesundheitsbeschäftigte, Gewerkschaften, Studierende und indigene Gruppen. Laut Medienberichten haben sich in den vergangenen Tagen Tausende Demonstrierende in verschiedenen Teilen des Landes versammelt, darunter in Panama-Stadt, Veraguas, Coclé und der Provinz Chiriquí. Immer wieder kommt es zu Straßenblockaden, Demonstrationszügen und Kundgebungen.
Am siebten Tag der Proteste, dem 21. April, wurde landesweit über eine Verschärfung der Polizeigewalt berichtet. In mehreren Städten setzten Sicherheitskräfte Tränengas und Gummigeschosse ein, um Protestierende zu zerstreuen.
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Die Regierung unter Präsident José Raúl Mulino verteidigt das Vorgehen der Polizei und bezeichnet die Proteste als politisch motiviert. Die Demonstrierenden hingegen beklagen Repressionen und das Fehlen eines echten Dialogs.
Mehrere Organisationen, darunter die Lehrergewerkschaft Asoprof, fordern die Rücknahme des Gesetzes 406 und eine umfassende Reform des Sozialversicherungssystems mit Beteiligung der Zivilgesellschaft.
Am 23. April erklärten auch die indigenen Organisationen Panamas ihre Unterstützung für die Proteste. Die Nationale Koordination der indigenen Völker Panamas und weitere Gruppen solidarisierten sich mit den Streikenden und warnten vor den sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Reformen. Sie betonen, dass indigene Gemeinschaften besonders stark von möglichen Einschnitten bei der Gesundheitsversorgung und Altersvorsorge betroffen wären. Darüber hinaus kritisieren sie die mangelnde Konsultation indigener Vertreter:innen im Gesetzgebungsprozess.
Die Regierung hat bislang kein konkretes Angebot zur Verhandlung gemacht, was die Spannungen weiter verschärft. Präsident Mulino bezeichnete die Proteste mehrfach als Teil einer "destabilisierenden Agenda", während Vertreter:innen der Opposition der Regierung vorwerfen, demokratische Grundprinzipien zu missachten. Inzwischen ist der Druck auf beide Seiten gewachsen: Die Wirtschaft leidet unter den Streiks und Blockaden, der Schulunterricht ist seit Tagen ausgesetzt, und es gibt zunehmende Berichte über Einschränkungen im öffentlichen Leben.
Die Protestbewegung hat keine zentrale Führung, sondern wird von einer Vielzahl dezentraler Akteure getragen. Neben den Gewerkschaften und indigenen Organisationen spielen auch Studierendengruppen und soziale Bewegungen eine wichtige Rolle. Forderungen nach einem nationalen Dialog werden lauter, bislang jedoch ohne Reaktion seitens der Regierung.
Ob und wann es zu einer Entspannung der Lage kommt, ist derzeit unklar. Die Proteste dauern an, neue Demonstrationen werden angekündigt, und eine Rücknahme des Gesetzes scheint derzeit nicht in Sicht. Beobachter:innen rechnen mit einer Fortsetzung des unbefristeten Streiks und weiteren Mobilisierungen, sollte die Regierung nicht auf die Forderungen der Protestierenden eingehen.