Xalapa. Im mexikanischen Bundesstaat Veracruz werden am 1. Juni die Lokalbehörden in allen 212 Gemeinden neu gewählt. Mit dem Näherrücken des Wahltermins nimmt die politische Gewalt markant zu. Schon in der Vorwahlzeit wurden 15 Angriffe gegen Kandidatinnen und Kandidaten registriert, mehrere traten wegen Drohungen von ihren politischen Ambitionen zurück.
Am 29. April wurde der Kandidat der Partei Morena (Bewegung Nationale Erneuerung) für das Amt des Bürgermeisters von Coxquihui, German Anuar Valencia, vor seinem Haus von Unbekannten ermordet, drei Personen wurden verletzt. Ein weiterer äußerst brutaler Vorfall ereignete sich am 11. Mai in Texistepec: Während einer Wahlkampfveranstaltung wurde die Morena-Kandidatin Yesenia Lara Gutiérrez erschossen, sieben Anhänger der gemäßigt linken Partei verletzt.
Am 20. Mai überfielen Bewaffnete die Kampagnenzentrale von Xóchitl Tress Rodríguez, Kandidatin der Partei Movimiento Ciudadano für das Amt des Gemeindepräsidenten im Ort Juan Rodríguez Clara. Bei dem Angriff erlitten vier Personen Schussverletzungen, darunter eine Journalistin, die Kandidatin blieb unverletzt. Die junge Journalistin und Fotografin Avisak Douglas erlag ihren schweren Verletzungen wenige Stunden später.
Seit dem Beginn des Wahlkampfes am ersten Mai haben 75 Kandidaten um Sicherheitsmaßnahmen gebeten, berichtete die Präsidentin der lokalen Wahlbehörde von Veracruz, Marisol Alicia Delgadillo Morales. Mehrere Kandidaten beschwerten sich jedoch darüber, dass diese Schutzmaßnahmen entweder ungenügend seien oder sie die Kosten für die zur Verfügung gestellten Leibwächter selbst tragen müssten.
Sie interessieren sich für das Geschehen im Globalen Süden?
Wir versorgen Sie mit Nachrichten und Hintergründen aus Lateinamerika. Unterstützen Sie uns mit einer Spende.
Die politische Gewalt in dem am Golf von Mexiko gelegenen Bundesstaat zeigt, dass die organisierte Kriminalität bemüht ist, ihren Einfluss in der veränderten politischen Landschaft zu bewahren. Der Bundesstaat mit großen Erdölvorkommen und Petrochemie-Industrie wird seit gut sechs Jahren von Morena regiert. Auf lokaler Ebene ist das Parteienspektrum divers, Allianzen wie auf Bundesebene gibt es kaum mehr.
Als Reaktion auf die Ermordung der Kandidatin Yesenia Lara Gutiérrez hat die Präsidentin Claudia Sheinbaum, die ebenfalls der Morena-Partei angehört, der Gouverneurin Rocío Nahles weitere 3.500 Soldaten der Nationalgarde versprochen, welche sichere Wahlen garantieren sollen. Angesichts der Komplexität der Lokalwahlen und des Niveaus der Gewalt kritisierten Oppositionsparteien dies als ungenügend.
Dass Veracruz nach Guanajuato und Guerrero zu den Bundesstaaten mit der schlimmsten politischen Gewalt zählt, zeigt auch die Statistik von Data Cívica. Die auf Datenanalysen spezialisierte Nichtregierungsorganisation hat für den Zeitraum von 2018 bis Februar 2025 insgesamt 2.357 politische Gewalttaten im Land registriert, darunter Morde, Attentatsversuche und Drohungen gegen Personen, die mit den Parteien oder Behörden verbunden sind. Für 2024 verzeichnet Data Cívica insgesamt 346 Morde an gewählten Politikern, Regierungsmitarbeitern oder Aspiranten auf politische Ämter, während in diesem Jahr bis Anfang Mai 111 Politiker Opfer von tödlichen Anschlägen wurden.