Havanna. Die Einführung neuer Internettarife hat sich vergangene Woche in Kuba zum ungewollten Politikum entwickelt. Nach der Ankündigung gab es massive Proteste, insbesondere aus dem universitären Umfeld. Telefonversorger Etecsa hat mittlerweile nachgebessert, während Präsident Miguel Díaz-Canel die Angelegenheit zur Chefsache machte.
Mit der Währungsreform 2021 wurde das Internet in Kuba unbeabsichtigt zu einem der günstigsten der Welt. 16 Gigabyte Mobildaten kosteten lange Zeit 950,00 Pesos, was gemäß dem informellen Wechselkurs aktuell 2,40 Euro entspricht. Dem Unternehmen sind dadurch in den vergangenen Jahren rund 90 Prozent seiner Einnahmen weggebrochen. Die Folge: Stagnierender Netzausbau und schlechter werdende Abdeckung, da die Mittel teilweise nicht einmal mehr für den Erhalt des Status quo ausreichen.
Auf der Parlamentssitzung im Dezember 2024 kündigte Premierminister Manuel Marrero aus diesem Grund eine Neugestaltung der Tarife an. Am 30. Mai ist diese nun offiziell in Kraft getreten.
Die neuen Preise sehen einen nicht kostendeckenden "Grundtarif" von 6 GB im Monat für 360,00 Pesos (circa ein Euro nach dem informellen Wechselkurs) vor. Vielsurfer werden jedoch stärker zur Kasse gebeten und müssen darüber hinausgehendes Datenvolumen zu gewinnbringenden Preisen bezahlen. 3 GB zusätzliches Volumen kosten jetzt 3.360,00 Pesos (circa 8,50 Euro zum informellen Wechselkurs), 7 GB kosten 6.720,00 Pesos und 15 GB kosten 11.760,00 Pesos. Ferner gibt es Zusatzpakete auch in Devisen, dort sind 16 GB für 30 US-Dollar erhältlich.
Die neuen Preise sind damit zwar noch immer günstiger als vor der Währungsreform 2021, allerdings hat sich seitdem die Nutzung des Internets in Kuba fest etabliert. Viele Nutzer wollen den bisher relativ erschwinglichen Zugang nicht mehr missen und sind mangels DSL-Anschlüssen teilweise auch beruflich auf größere Datenvolumina angewiesen.
Keine Werbung, keine Paywall, aber trotzdem Nachrichten aus Lateinamerika?
Das geht nur mit den Spenden unserer Leserinnen und Leser. Unterstützen Sie uns jetzt.
Der durchschnittliche Mobildatenverbrauch liegt in Kuba bei rund 10 GB pro Nutzer, mehr als in anderen Ländern der Region.
Mehrere lokale Gruppen der Studentenorganisation Federación Estudiantil Universitaria veröffentlichten in der Folge Erklärungen, in denen sie die Preiserhöhungen als "Angriff auf das Recht auf Bildung und Information" verurteilten. Sie fordern eine Rücknahme der Maßnahmen und einen Dialog. Gleichzeitig forderten sie Etecsa auf, "mit Transparenz zu kommunizieren und zu handeln".
Etecsa-Präsidentin Tania Velázquez Rodríguez kündigte daraufhin am Dienstag Anpassungen an. So soll es für Studierende zusätzliche 6 GB pro Monat zum ermäßigten Preis geben. Auch der Zugang zu Wissenschaftsportalen werde erleichtert. Zudem werde ein zusätzliches Paket unterhalb der bisher niedrigsten Preisstufe von 3.360,00 Pesos eingeführt.
Der Unmut in der Bevölkerung über die Preiserhöhungen ist jedoch weiterhin groß, zumal sie ohne Vorankündigung in Kraft traten. Selbst Unterstützer der Regierung üben deutliche Kritik. Der Blogger El Necio schrieb, er könne sich an keine Maßnahme erinnern, die so schnell so viel Unzufriedenheit ausgelöst habe. "Wenn die Maßnahme gegen die Interessen des Volkes verstößt, verstößt sie auch gegen die Revolution", so El Necio.
Am Donnerstag räumte Präsident Díaz-Canel in seinem Podcast "Desde la presidencia" Fehler in Umsetzung und Kommunikation ein und kündigte die Fortsetzung des Dialogs an.