Seit der ultrarechte Jair Messias Bolsonaro (Sozialliberale Partei-PSL) am 1. Januar 2019 sein Amt als Präsident Brasiliens angetreten hat, weht in dem größten Land Lateinamerikas ein neuer Wind. Bereits im hitzigen Wahlkampf vergangenen Herbst hatte Bolsonaro Drohungen gegen Umweltschützer ausgesprochen und die Indigenenpolitik des Landes heftig kritisiert. Die Statements, die in den letzten Wochen aus Brasília zu vernehmen sind, lassen erahnen, dass für den Umwelt- und Klimaschutz harte Zeiten anbrechen. Die neue ultrakonservative Regierung lässt klar erkennen wo ihre Prioritäten liegen. Welche Taktik verfolgt sie in Bezug auf die Klima- und Umweltpolitik des Landes? Welche Ziele hat sie und wie sollte die internationale Staatengemeinschaft auf die sich anbahnende Kehrtwende im Umwelt- und Klimaschutz Brasiliens reagieren?
Die Ideologisierung des Umwelt- und Klimaschutzes
Brasilien galt seit Jahrzehnten als umweltpolitischer Vorreiter in Lateinamerika und wurde auf dem UN-Gipfel für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahr 1992 Gründungsort für die Klimarahmen-(UNFCCC) und Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen. Gleichzeitig ist das Land der sechstgrößte Emittent von Treibhausgasen der Welt und damit ein wichtiger Akteur für den globalen Klimaschutz. Unter Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva (Arbeiterpartei-PT) strebte Brasilien nach größerem Einfluss in der internationalen Politik und verteidigte gleichzeitig die Prinzipien der Nichteinmischung und Selbstbestimmung. In Fragen des Klimawandels galt das Land als vehementer Vertreter des Multilateralismus. Die damalige Regierung steckte sich ambitionierte Klimaziele. Als erstes Schwellenland verpflichtete sich Brasilien, seine Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 2005 um 37 Prozent zu reduzieren. Zwischen 2004 und 2014 konnte die Regierung große Erfolge verzeichnen und die Entwaldung im Amazonasgebiet1 um 82 Prozent herunterfahren.
Dies verdeutlichte nicht nur das größer werdende Bewusstsein für den Umweltschutz und die Folgen des globalen Klimawandels, sondern bekräftigte ebenfalls den Willen des Landes, international Verantwortung zu übernehmen. Durch die von Lula geprägte Politik konnte Brasilien seine Position und seinen Handlungsspielraum in der internationalen Klimadebatte stärken, zuletzt besonders in den Verhandlungen für das historische Pariser Klimaabkommen2 2015 (FES).
Auf der 24. Weltklimakonferenz im November 2018 verkündete der frühere Umweltminister Brasiliens, Edson Duarte, noch stolz, dass sein Land bereits 2018 die selbstgesteckten Klimaziele erfüllt habe, die eigentlich erst 2020 erreicht werden sollten: Bis zu 38 Prozent an Klimagasen habe Brasilien allein durch Maßnahmen im Waldschutz eingespart. Kurz zuvor hatte die damalige Regierung von De-facto Präsident Michel Temer (Partido do Movimento Democrático Brasileiro-PMDB) ihre Zusage, die 25. Weltklimakonferenz 2019 in Brasilien auszurichten, aus finanziellen Gründen zurückgezogen. Bolsonaro, zu dem Zeitpunkt noch nicht im Amt, sagte, dass er an der Entscheidung beteiligt gewesen sei und seinem zukünftigen Außenminister Ernesto Araújo empfohlen habe, die Ausrichtung abzusagen – unter anderem, weil "die Hoheitsgewalt Brasiliens über das Amazonasgebiet in Gefahr" sei (Globo).
Für Außenminister Araújo ist die Erderwärmung durch den Klimawandel "eine marxistische Verschwörung", die darauf abziele, die Souveränität Brasiliens und westlicher Volkswirtschaften zu schwächen und das Wachstum Chinas zu fördern (The Guardian). Während seines Wahlkampes drohte Bolsonaro mehrmals, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, ebenfalls mit der Begründung, die "Souveränität über den Amazonasregenwald zu sichern" (Instituto Humanitas Unisonos-IHU).
Aussagen dieser Art haben Umwelt- und Klimaschützer weltweit in Aufruhr versetzt. Brasilien verfügt mit dem Amazonaswald, der zu 60 Prozent im Staatsgebiet des Landes liegt, über eines der wichtigsten Ökosysteme für die Stabilität des globalen Klimas. Seit 2013 steigt die Abholzung in dem Gebiet wieder, zuletzt um 14 Prozent im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 (MMA). Vor allem seit August 2018, als sich Bolsonaros Wahlsieg bereits abzeichnete, sind die Rodungszahlen offenbar in Erwartung künftiger Straffreiheit deutlich gestiegen (Folha de São Paulo).
Die Ankündigungen der neuen Regierung lassen erkennen, dass Umweltfragen zukünftig unter die Interessen der Wirtschaft, vor allem des mächtigen Agrar- und Bergbausektors, gestellt werden. Entsprechend sollen Richtlinien eingeführt werden, die eine Flexibilisierung der Umweltgesetzgebung, die Schwächung der Umwelt- und Indigenenbehörden sowie eine größere Toleranz in Bezug auf die Abholzung der Wälder ermöglicvhen.
Bereits 2015 sagte Bolsonaro auf einer Veranstaltung des Militärs: "Es gibt kein indigenes Gebiet, in dem es keine Mineralien gibt. Gold, Zinn und Magnesium gibt es in diesen Gebieten, vor allem im Amazonasgebiet, der reichsten Gegend der Welt. Ich gehe nicht auf diesen Unsinn ein, Land für Indianer zu verteidigen." (Campo Grande). Kürzlich kündigte er dann an, dass er "die Gebiete für den Abbau von Rohstoffen öffnen" (Estadão) und der "Strafzettelindustrie" durch die Umweltbehörden IBAMA (Instituto Brasileiro do Meio Ambiente) und ICMbio (Instituto Chico Mendes de Conservação da Biodiversidade "ein Ende setzen" werde, um die "Streitigkeiten zwischen dem Umwelt- und Agrarministerium" zu begraben (Globo).
Aussagen wie diese machen deutlich, dass Bolsonaro und seine Unterstützer den Schutz natürlicher Ressourcen, der Umwelt, der Sozio-Biodiversität3 und des Klimas mit wirtschaftlicher Entwicklung für unvereinbar halten. Für den neuen Umweltminister, Ricardo Salles, ist das "Pariser Abkommen an sich weder gut noch schlecht, aber es muss Brasilien wirtschaftlichen Nutzen bringen". Ein weiteres Hindernis für die Wirtschaft des Landes sieht Salles im "Missbrauch staatlicher Behörden", die Infrastrukturprojekte wegen vermeintlicher Umweltauflagen be- oder verhindern würden. Um dieses "Staatsversagen" zu beheben und Brasilien wieder für Investoren attraktiv zu machen, sieht Salles den Schlüssel in Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit in Bezug auf das Verhalten staatlicher Organe (Bloomberg).
Unter der Maxime, wirtschaftlichen Interessen und Zielen von Unternehmen und Lobbyisten denen einer nachhaltigen und inklusiven Wirtschaft Vorrang zu geben, hat Bolsonaro bereits in seinen ersten Amtsgeschäften mit dem Abbau des institutionellen Umwelt- und Klimaschutzes Brasiliens begonnen. Um die politischen Umwälzungen zu rechtfertigen, erklären er und seine Unterstützer die Umweltdebatte zu einem Machtinstrument des Auslands, die allein dazu diene, Brasiliens Wirtschaft zu schwächen (IHU).
Nach Widerstand aus der heimischen Wirtschaft, die einen Rückzug ausländischer Investitionen durch eine lasche Umweltpolitik befürchtet, scheint Bolsonaro seine Töne mittlerweile zu mildern. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erklärte er sogar, dass ihm Umweltschutz wichtig sei. Allerdings müsse dieser mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes Hand in Hand gehen und Landwirte sollten nicht überfordert werden. "Wir möchten mit der ganzen Welt in Harmonie zusammenarbeiten und CO₂-Emissionen senken", sagte er (Agencia Brasil).
Mit seinem Auftreten zeigt Bolsonaro, dass er die internationalen politischen wie auch wirtschaftlichen Beziehungen Brasiliens als ein Kräftemessen sieht, in dem es darum geht möglichst viel für das eigene Land auszuhandeln und dem Gegner möglichst viel abzuverlangen. Kooperation hat in seinen Augen nur Sinn, wenn sie Brasilien einen klaren Wettbewerbsvorteil bringt. In diesem Sinn ist er auch bereit, den Umweltschutz nicht komplett abzubauen, solange die Wirtschaft des Landes davon profitiere.
Das Pokern um den Umweltschutz
Im November 2018 kündigte Bolsonaro die Zusammenlegung des Umweltministeriums mit dem Agrarministerium an. Groß war der Aufschrei nicht nur in der Opposition und bei Umweltschützern, sondern in der gesamten Bevölkerung. Während wochenlang gegen den Plan sturmgelaufen wurde, arbeiteten Bolsonaro und sein Kabinett bereits an einer anderen Umstrukturierung. Diese Maßnahme sollte kleiner ausfallen, jedoch nicht weniger weitreichende Konsequenzen haben. Statt einer Fusion der beiden Ressorts vollzog Umweltminister Ricardo Salles eine "Verwaltungsreform" des Umweltministeriums (MMA), in der wichtige Kompetenzen vom Umwelt- an das Agrarministerium übertragen wurden. Demnach ist der Brasilianische Forstdienst (Servicio Florestal Brasileiro - SFB) zukünftig nicht mehr dem MMA, sondern dem Agrarministerium unterstellt. Der Forstdienst ist unter anderem für die Verwaltung und Vergabe der Konzessionen öffentlicher Wälder und für die Umsetzung des ländlichen Umweltregisters (CAR)4 zuständig. Damit verliert das Umweltressort ein zentrales Instrument zur Umsetzung des neuen Waldgesetztes (Novo Codigo Florestal), das Rodungen eindämmen soll. Neben dem SFB wurden die Verantwortlichkeiten für die Fischereiwirtschaft und der dazugehörigen Lizenzvergabe vom MMA an das Agrarministerium sowie für die Nationale Wasserbehörde (ANA) an das Ministerium für regionale Entwicklung übertragen (Folha de São Paulo).
Experten sehen in der Reform eine Entmachtung des Umweltministeriums, die auf einen vollständigen institutionellen Abbau von Umweltfragen zusteuert (IHU). Diese stille Entmachtung scheint Teil einer Strategie der Regierung Bolsonaros zu sein. Während die Opposition und weite Teile der Zivilbevölkerung ihre Kräfte darauf verwenden, gegen die großangekündigte Zusammenlegung mobil zu machen, gehen die kleineren Reformmaßnahmen fast unbemerkt durchs Netz. Und auch wenn sie bemerkt werden, reichen die Kräfte nicht mehr aus, sie gemeinsam anzuprangern und zu stoppen. So verläuft sich der Widerstand in einer Nebelkerze, während Tatsachen geschaffen werden.
Ein zweites Beispiel für diese Vorgehensweise stellt Bolsonaros Ankündigung während des Wahlkampfes dar, unter seiner Präsidentschaft den Schutz der indigenen Gebiete aufzulösen und diese für den Bergbau und die Ausweitung landwirtschaftlicher Nutzung zu öffnen. Auch hier war die Empörung groß. Weltweit ging das Thema durch die Medien und Menschenrechts- und Umweltorganisationen schlugen Alarm. Doch die Ankündigung wurde nie umgesetzt. Stattdessen beschloss die ultrarechte Regierung das staatliche Organ für die Angelegenheiten der indigenen Völker (Funai) umzustrukturieren. Mit dem verabschiedeten Dekret Nr. 870/2019 wurde der Funai die Zuständigkeit zur Bestimmung und Ausweitung von Indigenen-Territorien entzogen. Künftig wird das Landwirtschaftsministerium über die Landverteilungsfragen und Indigenengebiete entscheiden. In dem Ressort hat die mächtige Agrarlobby das Sagen (Folha de São Paulo). Zudem ist die Funai nun nicht mehr im einflussreichen Justizministerium, sondern im Ministerium für Frauen, Familie und Menschenrechte angesiedelt, das von der Juristin und evangelikalen Pastorin Damares Alves geführt wird. Nachdem in den letzten acht Jahren die Finanzierung von Schutzprogrammen für indigene Gemeinden bereits stark abgebaut wurden, befürchten Indigenenvertreter, dass das Ziel dieser Maßnahmen ist, den Verkauf ihrer Ländereien zu legalisieren und so eine Ausbeutung durch Agrarindustrie- und Bergbauunternehmen zu ermöglichen. Offiziell bleiben die indigenen Schutzgebiete bestehen, jedoch kommt die Maßnahme quasi ihrer Auflösung gleich. Auch hier hat die Ankündigung für Wirbel gesorgt, der von der Regierung dazu verwendet werden konnte "kleinere", aber nicht weniger weitreichende Maßnahmen durchzusetzen. Da sich diese vermeintlich "kleineren Maßnahmen" jedoch im institutionellen Gefüge bewegen und die Widerstandskräfte schon erschöpft sind, kommt die Regierung mit ihrem ursprünglichen Vorhaben faktisch durch.
Als drittes Beispiel lässt sich die Neuausrichtung der klimadiplomatischen Kompetenzen Brasiliens aufführen. Vor seinem Amtsantritt kündigte Bolsonaro an, es seinem Verbündeten, US-Präsident Donald Trump, gleichzutun und aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Wieder hatte er sein Ziel erreicht, den Umweltsektor zu blenden. Die internationalen Medien und Klimaschützer überschlugen sich und Verfechter des Multilateralismus zitterten bei einem Austritt Brasiliens die Knie. Später kündigte er an, dass Brasilien vorerst im Abkommen verbleiben werde.
Stattdessen sollte er der Klimadiplomatie mit ihren verantwortlichen Kompetenzen einen Schlag verpassen. Im Nebel der Empörungswelle unternahm der neue Außenminister Ernesto Araújo ‒ wie schon sein Kollege Ricardo Salles ‒ eine institutionelle Umstrukturierung des Außenministeriums (auch Itamaraty genannt). Dabei löste Araújo am 10. Januar 2019 die Verantwortungsbereiche für die internationale Klimapolitik des Landes aus dem Itamaraty heraus und ordnete sie dem neu gegründeten Sekretariat für nationale Souveränität und Bürgerschaftsangelegenheiten unter. Die Abteilung Klimawandel vertrat die brasilianische Regierung bisher unter anderem in internationalen Foren wie den UN-Klimakonferenzen und hatte die Aufgabe, die nationalen Politiken des Landes mit internationalen Verpflichtungen im Umwelt- und Klimaschutz in Einklang zu bringen. Die Neuausrichtung dieser Angelegenheiten ist ein Indiz dafür, dass die Themen nachhaltige Entwicklung und Klimawandel in den internationalen Interessen Brasiliens zukünftig eine untergeordnete Rolle spielen werden. Brasilianische Diplomaten vermuten, dass damit das Gewicht Brasiliens in internationalen Abkommen schwinden wird (Folha de São Paulo; Observatorio do Clima).
Diese Taktik der radikalen Forderungen gefolgt von weniger extremen Umwälzungen in den Institutionen erinnert an ein Pokerspiel – der Spieler blufft möglichst hoch. Je exzessiver die verbalen Attacken gegen das bestehende System ausfallen und je höher die Empörungswelle schlägt, desto eher sind Opposition und Umweltschützer mit der Bekämpfung des vermeintlich schlimmsten Szenarios beschäftigt. Dabei ist das Ziel gar nicht, diese Maximalforderungen durchzusetzen. Bolsonaro wirft vielmehr mit Nebelkerzen um sich, um den Gegner in Schach zu halten und am Ende viele kleine Stiche zu setzen.
Bolsonaro bei der Wirtschaft packen
Unter diesen Voraussetzungen bleibt abzuwarten, ob Brasilien seine Klimaziele, bis 2030 43 Prozent an Emissionen im Vergleich zu 2005 einzusparen, erfüllen wird. Ein Großteil dieser Emissionen hängt von den Waldschutzmaßnahmen im Amazonasregenwald ab. Die neue Dimension der Deformierung des Umwelt- und Klimaschutzes in Brasilien lässt erahnen, dass der umweltpolitische Umbruch Brasiliens vermutlich gerade erst begonnen hat. Inwieweit sich dieser Prozess fortsetzt, hängt auch davon ab, wie Zivilgesellschaft, Opposition und Umweltschützer mit den Nebelkerzen und den national-politischen Interessen der Regierung umgehen werden und was das brasilianische Volk bereit ist, hinzunehmen.
Mittlerweile erklärte Bolsonaro, dass er den Umweltschutz befürworte, betont jedoch abermals, dass dieser die Entwicklung Brasiliens nicht lähmen dürfe (Globo). Um das Land als einen starken Partner für den nationalen wie internationalen Klimaschutz im Boot zu halten, wird man Bolsonaro also nur über die Wirtschaft des Landes treffen können. Die brasilianische Landwirtschaft scheint bereits Druck auf die Regierung ausgeübt zu haben, da sie in einem Austritt Brasiliens aus dem Pariser Klimaabkommen und einer Fusion der Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt ein zu hohes Risiko für ihre Exportmärkte für Sojabohnen und Rindfleisch in die EU befürchtete (Guardian). Im November 2018 hatte Frankreichs Präsident Emanuel Macron gedroht, den Abschluss eines Mercosur Freihandelsabkommens zwischen dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur und der Europäischen Union5 an einen Verbleib Brasiliens im Pariser Klimavertrag zu knüpfen (Deutsche Welle). Deutsche Umweltorganisationen wie Germanwatch fordern sogar, Handelssanktionen gegen Brasilien einzusetzen, um ein Einlenken der Regierung Bolsonaros hinsichtlich ihrer umweltpolitischen Einschnitte zu bewirken (DLF).
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hatte Bolsonaro dafür geworben, Brasilien wieder attraktiver für internationale Investoren zu machen. Dabei werden auch die Gespräche der neuen Regierung mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über einen Beitrittsprozess entscheidend sein. Die Regierung Temer hatte 2018 ein Antragsgesuch bei der Organisation in Paris gestellt – vor allem auch, um ausländische Investitionen anzulocken. Es bleibt also abzuwarten wie viel Druck die OECD-Mitgliedsländer auf die zukünftige Umwelt- und Klimapolitik der Regierung in Brasília ausüben können.
- 1. Nach wie vor machen die Emissionen aus Entwaldung und Landnutzung (Landwirtschaft und Viehzucht) den größten Teil der Emissionen aus. Es ist deshalb verständlich, dass sowohl in der nationalen wie in der internationalen Debatte, Klimapolitik in Brasilien primär als eine Frage der Reduzierung von Entwaldung wahrgenommen und diskutiert wird.
- 2. In dem Abkommen verpflichteten sich 195 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um die menschengemachte globale Erwärmung auf deutlich unter 2°C gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Brasilien setzte sich das Ziel, die Emissionen bis 2025 im Vergleich zu 2005 um 37 Prozent zu reduzieren. Für die Erreichung des Reduktionsziels ist die Verringerung von Entwaldung entscheidend, die einen erheblichen Anteil zu den nationalen Emissionen beiträgt.
- 3. Sozio-Biodiversität ist ein Konzept, das die Beziehung zwischen der biologischen Vielfalt, den traditionellen landwirtschaftlichen Systemen (Agrobiodiversität) und der Nutzung und Bewirtschaftung dieser Ressourcen sowie dem Wissen und der Kultur traditioneller Bevölkerungen und Familienlandwirte umfasst.
- 4. Das Umweltregister CAR ermöglicht den Umweltbehörden zu überprüfen, ob Landbesitzer die Vorgaben des brasilianischen Waldgesetzes erfüllen. Das Waldschutzgesetz schreibt vor, dass im Amazonasgebiet 80 Prozent der Grundstücke von Wald bedeckt sein müssen.
- 5. Zur Errichtung einer Freihandelszone verhandelt die EU seit 1999 mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay über ein Assoziierungsabkommen. Ziel ist der Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen. Dies soll Unternehmen Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe bringen.