Nicaragua / Politik

Massive Einmischung der EU in Nicaragua

Zur Einmischung der EU vor den Wahlen in Nicaragua

Sie machen, was sie wollen und nennen das Ganze "Demokratie wie bei uns". Die Europäische Union plant die massive Unterstützung regierungsunabhängiger Gruppen vor den Präsidentschaftswahlen im November in Nicaragua. Sollte die linksgerichtete Regierung von Präsident Daniel Ortega sich der Finanzierung in den Weg stellen, drohen Lateinamerika-Beauftragte der EU-Mitgliedsstaaten bereits jetzt mit Sanktionen. Das erklärte ein EU-Diplomat gegenüber amerika21.de unter Berufung auf ein Sitzungsprotokoll von Lateinamerika-Beauftragten der Union.

Amerika21.de veröffentlichte einen Beitrag von Harald Neuber. Darin heißt es: "Bei der Sitzung der COLAT-Arbeitsgruppe hat die finnische Regierung zur Unterstützung nicht näher bezeichneter 'zivilgesellschaftlicher Gruppen' in Nicaragua bereits 800.000 Euro zur Verfügung gestellt. 'Unterstützt wurde diese Linie vor allem von Deutschland und den Niederlanden', sagte der Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte. Während die EU zunächst neutral von 'zivilgesellschaftlichen Gruppen' spricht, nimmt die deutsche, FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) offen Partei für regierungskritische Strukturen in Nicaragua und rechtsgerichtete Akteure in anderen Staaten Mittelamerikas.

Laut einem Besuchsprogramm für hochrangige Politiker aus der Region kamen auf Einladung der FNS vom 19. bis zum 26. Februar drei entschiedene Gegner der Ortega-Regierung nach Berlin und Hamburg, um gemeinsame Strategien zu besprechen. Auf der Gästeliste, die amerika21.de vorlag, standen neben Politikern aus Honduras und Guatemala der ehemalige nicaraguanische Außenminister und Präsidentschaftskandidat Eduardo Montealegre, die zweite Vizepräsidentin der nicaraguanischen Oppositionspartei PLC, María Aidee Ozuna, und Ramiro Silva von der oppositionellen Alianza Democrática Nigaragüense. Begleitet wurden die insgesamt sieben Politfunktionäre von dem FNS-Vertreter in Mittelamerika, Christian Lüth. Der Stiftungsfunktionär hatte 2009 Proteste demokratischer Gruppen und Parteien provoziert, als er den Putsch gegen die gewählte Regierung von Präsident Manuel Zelaya in Honduras als Chance zur 'Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen' bezeichnete."

Die nicaraguanische Opposition, unterstützt von ihren abendländischen Freunden, tat in der Vergangenheit alles, um die sandinistische Regierung auszubremsen. Blockade der Nationalversammlung 2006, Hysterie bei den Munizipalwahlen 2008, Versuch der "honduranischen Lösung" 2009, erneute Blockade der Nationalversammlung 2010. Die Opposition scheiterte mit allen Versuchen. Sie diskreditierte sich selbst. Ihre Umfragewerte gingen in den Keller, die der Frente schnellten in die Höhe. Letztendlich gab sie nach, kehrte in die Institutionen zurück und erkannte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Verfassungsklage der sandinistischen Bürgermeister und des Präsidenten über deren Wiederwählbarkeit an.

Die Liberalen wurden sich bisher nicht einig, wer "ihr" Präsidentschaftskandidat sein könnte. Dieser Streit nutzte der FSLN. Langsam, aber stetig wuchs ihre Sympathie in der Bevölkerung. Der wirtschaftliche Aufschwung und die sozialen Programme taten das übrige. Sogar der Präsident des Obersten Rates der Privatunternehmer (COSEP), José Adán Aguerri, anerkannte, dass jeder Sektor seiner Unternehmergruppe dank der makroökonomischen Politik der sandinistischen Regierung 2010 ein gutes Jahr hatte.

Im Inneren der FSLN ist kein Streit zu erwarten. Leute wie Edén Pastora oder alte Kritiker Ortegas aus der historischen Nationalleitung, die Abstand genommen hatten, arbeiten heute mit ihm zusammen. Im Verlauf des vergangenen Jahres verurteilte eine beträchtliche Anzahl liberaler Bürgermeister, Vizebürgermeister und Räte öffentlich die Politik ihrer Parteien, der PLC und der MVE. Sie wechselten zur FSLN. Der Opposition und ihren ausländischen Freunden ist die Mitarbeit Nicaraguas in ALBA ein Dorn im Auge. Vermuten sie doch zu Recht dort eine wichtige Quelle des Aufschwungs in Nicaragua.

Die FSLN hatte in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass sie den in den 1980er Jahren begonnenen revolutionären Prozess in der neuen Regierungszeit fortsetzen will. Auf dieses Ziel wird ihr Wahlkampf ausgerichtet sein. Für das Land haben die Wahlen entscheidende Bedeutung. Die FSLN schickt erneut Daniel Ortega ins Rennen. Bei den Liberalen könnte die Entscheidung zwischen Ex-Präsident Arnoldo Alemán und Ex-Präsidentschaftskandidat Eduardo Montealegre fallen. Die MRS unterstützt beide.

Wie bereits früher erwähnt, hat die nicaraguanische Opposition zwei Optionen, die FSLN in den kommenden Präsidentschaftswahlen zu besiegen. Die eine praktiziert sie seit 2007. Sie will das Land in ein institutionelles Chaos stürzen, das es unmöglich macht, Wahlen durchzuführen, um dann mit Druck irgendein nicht wahlgerechtes, aber für sie vorteilhaftes Reglement zu fordern. Die andere Option besteht darin, ein Angstklima zu schaffen. Sie suggeriert, dass ein Votum für die FSLN zum Krieg führen könnte, in den dann die USA eingreifen müsse. Beide Optionen passen sehr gut zur Militarisierung der Region, ausgelöst vom Militärputsch in Honduras und vom Aufmarsch in Costa Rica. Die Inszenierung des Grenzkonflikts am Rio San Juan passt in dieses Puzzle.

Es verbleiben noch zehn Monate bis zu den Präsidentschaftswahlen in Nicaragua. Es kann so kommen, wie Fidel Castro und andere Beobachter befürchten. Eine künstliche Krise könnte die militärische Aggression der Vereinigten Staaten gegen Nicaragua heraufbeschwören. Die Kräfte, die wahrhaft solidarisch mit den zentralamerikanischen Mehrheiten sind, arbeiten aufopferungsvoll, um den regionalen Fortschritt zu verteidigen, den ALBA und die Regierung der FSLN in Nicaragua möglich machten.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die neoliberalen Parteien Nicaraguas und die "Sandinistischen Erneuerer" die Wiederwahl Daniel Ortegas verhindern wollen. Und da sie es allein nicht schaffen, holen sie sich Rat und Tat bei ihren Freunden in Nordamerika und Europa. Mit der Wahl der FSLN gäbe es die Garantie, dass die Politik des wirtschaftlichen Aufschwungs und der sozialen Programme fortgesetzt würde. Die Alternative wäre die Wahl der von den USA und der EU unterstützten Liberalen, derjenigen, die von 1990 bis 2006 regierten, das Land den Nordamerikanern auslieferten und in tiefe Armut stürzten. Dem Volk drohte erneut ein neoliberales Schicksal, das heißt Armut, Arbeitslosigkeit und Analphabetismus. Es bekäme jedoch dafür "Demokratie wie bei uns".