Kolumbien / Politik

Auruf der Farc-Partei in Kolumbien: "Der Frieden steht über den Einzelinteressen"

Erklärung des Nationalen Politischen Rates der Partei Alternative revolutionäre Kraft des Volkes (Farc)

Dr. Humberto De La Calle hat es gut ausgedrückt: "Der Frieden wird weggeworfen" ‒ und wir fügen hinzu: Wir müssen rausgehen und ihn verteidigen. Wir können nicht in Passivität verharren, denn sie nützt nur denen, die darauf hoffen, das Land in die Vergangenheit des Krieges zurückzubringen.

Kolumbien und die Welt sind Zeugen gewesen, wie die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee (Farc-EP), die jetzt in eine legale politische Partei umgewandelt sind, die vereinbarten Verpflichtungen erfüllt haben.

Wir sammelten uns in den Übergangsgebieten, legten die Waffen nieder, übergaben eine Liste unserer Güter, um zur Wiedergutmachung der Opfer und zur Wiedereingliederung beizutragen; wir haben vor der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden unser Engagement bestätigt, zur Wahrheit beizutragen; wir haben frühzeitig Akte der Anerkennung der Verantwortung durchgeführt und wir entschuldigten uns bei den Opfern von Bojayá, La Chinita, El Nogal, bei den Angehörigen der Abgeordneten von Valle del Cauca; wir haben uns aktiv mit der Einheit zur Suche nach verschwundenen Personen und Aufgaben der humanitären Entminung eingesetzt; außerdem haben wir an den Parlamentswahlen teilgenommen, obwohl wir nicht auf die minimalsten Garantien bauen konnten, die vereinbart worden waren; neben anderen unbestreitbaren Fakten, die unsere Verpflichtung gegenüber dem Vereinbarten bezeugen.

Im Gegensatz dazu haben wir seitens der Regierung und des kolumbianischen Staates nicht die besten Signale hinsichtlich der Erfüllung erhalten. Der Text des unterzeichneten Abkommens wurde in seinem Wesen geändert, als er durch den Kongress und das Verfassungsgericht ging; ebenso durch mehrere Präsidialdekrete, die auf seine Entwicklung abzielten; ganz zu schweigen von der sozio-ökonomischen Wiedereingliederung, die nie in Gang gekommen ist, während zugleich beunruhigende Nachrichten über die dafür bestimmten Mittel bekannt geworden sind; es gibt immer noch Bedenken, ob es zweckmäßig ist, den Kämpfern im Prozess der Wiedereingliederung Land zu geben, um produktive Projekte zu starten, und bisher gab es keinen einzigen Akt der Anerkennung der Verantwortung durch den Staat.

Aber das Schwerwiegendste von allem ist, was mit der Rechtssicherheit geschieht, die sich jetzt auf der Grundlage ausgedachter Konstrukte der Staatsanwaltschaft und der US-Behörden in eine ständige Bedrohung für die ehemalige Kämpfer verwandelt hat, wie es im Fall von Jesús Santrich und ebenso in den jüngsten Presseveröffentlichungen deutlich ist, die unseren Parteivorsitzenden und gewählten Senator Iván Márquez in den Drogenhandel zu verwickeln suchen.

Inmitten dieses unsicheren Panoramas und der laufenden Wahldebatte kommt dem Thema des Aufbaus und der Festigung eines stabilen und dauerhaften Friedens größte Bedeutung zu. Es geht nicht darum, gegenüber der Farc Wort zu halten oder nicht; die zwischen den Aufständischen und dem Staat unterzeichneten Vereinbarungen sind viel mehr als eine Verhandlung zwischen den beiden Parteien, es geht um die Zukunft des Landes und damit um die Zukunft künftiger Generationen, um unser Schicksal als Nation.

Es gibt Momente in der Geschichte der Völker, die das Zusammenwirken der verschiedensten gesellschaftlichen und politischen Sektoren über jede Art von Differenz hinaus erfordern. Wir glauben, dass dies für Kolumbien heute der Fall ist. Wir rufen deshalb deshalb die gesamte Gesellschaft und insbesondere die Jugend auf, auf dass wir uns in den verschiedenen Bereichen treffen, die es uns ermöglichen, über die Herausforderungen und Verpflichtungen, welche mit der Schaffung eines stabilen und dauerhaften Friedens für das Land verbunden sind, nachzudenken und uns zu einigen. Zugleich bekräftigen wir unseren unerschütterlichen Einsatz für die Umsetzung der Vereinbarungen.

2. Mai 2018

Nationaler Politischer Rat

Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes

Farc