Honduras: Journalistinnen klagen gegen Lobo

Journalistinnenverband stellt Anzeige wegen Übergriffen auf Demonstration gegen Straflosigkeit. Regierung baut Überwachungsstaat aus

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Präsident Lobo auf einer internationalen Konferenz zu Sicherheitsstrategien in Zentralamerika
Präsident Lobo auf einer internationalen Konferenz zu Sicherheitsstrategien in Zentralamerika

Tegucigalpa. Der honduranische Journalistinnenverband "Kollektiv für das Leben und die Meinungsfreiheit" hat am Mittwoch offiziell Anzeige gegen hochrangige

Vertreter des Staates wegen gewaltsamer Übergriffe gegen Journalisten bei einer Demonstration am 13. Dezember dieses Jahres gestellt. Wie der Journalistinnenverband auf einer Pressekonferenz in Tegucigalpa mitteilte, richtet sich die Anzeige wegen Amtsmissbrauchs und Verstoßes gegen die in der Verfassung des Landes garantierten Grundrechte, gegen Staatspräsident Porfirio Lobo Sosa, Armeechef René Osorio Canales und den Chef der Präsidialgarde, Andrés Felipe Díaz.

Am 13. Dezember hatten Mitglieder der Presseorganisation gegen die Straflosigkeit von insgesamt 24 Morden an Journalisten in Honduras seit dem Staatsstreich gegen den damaligen Präsident Zelaya demonstriert. 17 dieser Morde sollen unter der Amtszeit von Präsident Lobo stattgefunden haben. Die Präsidialgarde hatte die Demonstration noch vor ihrem Eintreffen am Präsidentenpalast mit Tränengas und Gummigeschossen angegriffen und dabei mehrere Demonstrantinnen schwer verletzt.

“Es handelt sich [bei der Anzeige] nicht um Rache oder eine politische Aktion, sondern die Aufforderung zur Einhaltung unserer Verfassung. An meinem Körper habe ich immer noch Fußabdrücke von den Soldatenstiefeln und meine Kolleginnen haben blaue Flecke", erklärte die Journalistin Sandra Maribel Sánchez bei der Pressekonferenz in Tegucigalpa.

Der Journalistinnenverband kündigte zudem an, wegen der Verantwortung von Politik und Militär für das eskalierende Gewaltverbrechen in Honduras, ebenso Anklage vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (CIDH) zu erheben. 

Die honduranische Regierung begegnet der Kritik an zunehmender Gewalt und Straflosigkeit mit dem weiteren Ausbau eines Überwachungsstaates. Vor zwei Wochen gab die honduranische Regierung dazu die Gründung eines nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates bekannt. Laut Staatspräsident Lobo ermöglicht der Rat, die Koordinierung aller Justiz-, Polizei- und Militäraktionen durch eine einzige Instanz. Auch die neue Einheit für Kommunikation und Abhörmaßnahmen, dessen Gründung einen Tag zuvor bekannt gegeben wurde, wird diesem Rat direkt untergeordnet sein.

Das Gremium erhält laut Aussagen von Regierungsvertretern Unterstützung und Beratung durch die kolumbianische Regierung von Juan Manuel Santos. Neben Präsident Porfirio Lobo, der den Vorsitz über den Rat hat, wird jeweils ein Vertreter des nationalen Kongresses und des hohen Gerichtshofes, der Generalstaatsanwalt und die Minister für Sicherheit und Verteidigung an den monatlichen Sitzungen teilnehmen. In besonderen Fällen kann auch die Ministerin für Menschenrechte eingebunden werden.

In den letzten Wochen verabschiedete die honduranische Regierung mehrere neue Gesetze, die laut Regierungsaussagen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der Korruption in den Reihen der staatlichen Behörden dienen sollen. Unter anderem erhielt das Militär Anfang des Monats die Erlaubnis, Polizeiaufgaben zu übernehmen. Durch die Verabschiedung eines Abhörgesetzes wurde die weitreichende Überwachung der Kommunikationsmittel legalisiert.

Internationale Beobachter und honduranische Nichtregierungsorganisationen kritisieren die verabschiedeten Maßnahmen und sehen darin einen weiteren Schritt in Richtung Überwachungsstaat und eine Rückkehr zu Methoden der Militärdiktatur der achtziger Jahre.