Polizei in Honduras zerschlägt Landlosenproteste

Polizei geht gegen Landarbeiterfamilien aus der Konfliktregion Bajo Aguán vor. Aktivisten beklagen "illegale Festnahmen und Verschleppungen"

protest_campesinos_tegus1.jpg

Während der Proteste in Tegucigalpa
Während der Proteste in Tegucigalpa

Tegucigalpa. Mit Tränengas und Schlägen sind Sondertruppen der honduranischen Polizei Mitte der Woche gegen Bauern und Bäuerinnen aus der nordhonduranischen Region Bajo Aguán vorgegangen. Die Situation eskalierte, als die Demonstranten eine Lösung des Landkonfliktes im Norden von Honduras einforderten. Nach Angaben der Aktivisten war die Aktion vor dem Obersten Gerichtshof bis zum Angriff der Polizei friedlich verlaufen.

Ein Gericht hatte am 29. Mai zugunsten der Bauern und gegen die Interessen des Großgrundbesitzers Miguel Facussé entschieden. Der Beschluss war später auf Facussés Intervention hin jedoch wieder rückgängig gemacht worden. Es war nicht der einzige Rückschlag für die landlosen Bauernfamilien: Der Oberste Gerichtshof hatte für den 21. August einem Gespräch mit Vertretern diverser Bauernorganisationen aus der Region Bajo Aguán zunächst zugestimmt. Nach einem Besuch durch Bevollmächtigte Facussés wurde der Termin jedoch wieder abgesagt.

Bei den folgenden Auseinandersetzungen in Tegucigalpa wurden mehrere Demonstranten verletzt, zwei befanden sich am Mittwochabend noch im Krankenhaus. 28 Protestteilnehmer wurden verhaftet. Während am späten Dienstagabend auf telefonische Nachfrage bei der entsprechenden Polizeiwache noch von einem Übereinkommen für ihre Freilassung die Rede war und offensichtlich sogar ein entsprechendes Dokument mit staatlichen Stellen unterzeichnet wurde, stellte sich kurze Zeit später heraus, dass die Gefangenen in eine andere Polizeistation gebracht wurden und von einer Freilassung keine Rede mehr sein konnte.

Als einen "klaren Fall von illegaler Festnahme und Verschleppung der Gefangenen" bezeichnete Dina Meza von der Menschenrechtsorganisation COFADEH dieses Vorgehen. Bis zum Mittwochnachmittag wurden die Gefangenen ohne Angabe von Gründen festgehalten. Menschenrechtsverteidiger und Unterstützer, die sich auf der Straße vor dem Polizeirevier in der Innenstadt von Tegucigalpa versammelt hatten, hofften auf ihre Freilassung.

Um 14:30 Uhr – eine halbe Stunde nach Ablauf der gesetzlichen Frist – musste Rafael Alegría, Koordinator der Organisation Via Campesina, den Wartenden jedoch verkünden, dass die diensthabende Staatsanwältin die Überstellung der Verhafteten an ein Gericht angeordnet hatte. Ihnen wird "illegale Zusammenrottung" und "Zerstörung von Privateigentum" vorgeworfen. Sie wurden um drei Uhr morgens honduranischer Zeit gegen Auflagen auf freien Fuß gesetzt.

Am Nachmittag des 22. August hatten rund 3.000 Menschen die Straße zwischen La Ceiba und Tocoa in der Region Aguán besetzt, um für die Freilassung der Bauern und Bäuerinnen zu demonstrieren. Heriberto Alemán vom Menschenrechtsobservatorium der Region Aguán berichtete gegen 17 Uhr, dass starke Polizei- und Militärkontingente aufmarschiert seien und dass das 15. Infanterieregiment auf dem Weg sei. Etwa um 18 Uhr begann dann eine gewaltsame Räumung. Dem Vernehmen nach schossen Sicherheitskräfte auf die Demonstranten, von denen viele verletzt wurden. Die Suche nach mehreren Vermissten dauerte am Donnerstagmorgen weiter an.