Rafael Correa spricht vor Tausenden in Berlin

Volle Säle bei Wirtschaftskonferenz und Vorlesung in TU-Berlin. Ecuadors Präsident fordert von Europa neue Wirtschaftspolitik

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Rafael Correa an der TU
Rafael Correa während seiner Rede an der TU Berlin

Berlin. Ecuadors Präsident Rafael Correa hat während seines Besuchs in Berlin für eine Abkehr von neoliberalen Wirtschaftskonzepten plädiert. "Wachstum alleine ist nicht positiv", sagte der Ökonom. Wenn ein Land wie Ecuador in großem Maße Erdöl exportiere, sähen die makroökonomischen Zahlen zwar gut aus, erklärte Correa vor über 1.700 Gästen in der Technischen Universität Berlin. "Das heißt aber noch lange nicht, dass es den Menschen besser geht – und das sollte schließlich das Ziel der Politik sein, der moralische Imperativ", so Correa bei der Veranstaltung, die von amerika21.de-Redakteur Harald Neuber eingeleitet und moderiert wurde.

In seinem Vortrag, einer gut einstündigen Vorlesung über Politische Ökonomie am Beispiel Ecuadors, mahnte Correa, dass die Studierenden nicht der etablierten Wirtschaftstheorie Glauben schenken sollten, da diese vor allem das Dogma der freien Märkte und des Rückzugs des Staates zur Grundlage habe. "Diese Theorien sind Ideologien, die als Wissenschaft verkleidet sind", betonte Correa immer wieder. Unter anderem kritisierte er das Dogma der autonomen Zentralbanken. "Wir haben so viele Dinge so oft gehört, dass sie uns als selbstverständlich und unveränderbar vorkommen", so Correa. Dabei gelte es, die politische Ökonomie zu erkennen. Mit den Zentralbanken habe der Staat ein unerlässliches Instrument zur Verfügung, um die Wirtschaft im Interesse der Bevölkerungen und nicht der Märkte zu nutzen. Correa war es bei seinen Vergleichen zwischen neoliberaler und linker Ökonomie offenbar wichtig, aufzuzeigen, dass es in der Politik immer eine Entscheidungsmöglichkeit gibt.

"Was Europa derzeit erlebt, kennt Lateinamerika zur Genüge, es kommt uns wie ein Déjà-vu-Erlebnis vor, denn wir haben diese sogenannte Schuldenkrise schon erlitten, also machen sie in Europa bitte nicht die gleichen Fehler wie wir", sagte Correa unter dem Applaus der Gäste im vollen Saal. Niemand wolle und könne in Abrede stellen, dass Fehler ausgeräumt werden müssen. Dazu gehöre die fehlende Angleichung von Löhnen und Produktivität. "Aber es kann derzeit auch niemand daran zweifeln, dass das Ziel der herrschenden Politik darin besteht, den Banken ihre Ausstände zu zahlen, anstatt die Krise mit dem geringsten Schaden für die Bürger zu überwinden", so Correa.

Während der Großveranstaltung an der Universität kam es zu angekündigten Protesten von Umweltschutzaktivisten, die sich gegen den geplanten Kupferbergbau in der Region Intag aussprechen. Die meist jugendlichen Aktivisten übergaben im Vorfeld der Rede gut 60.000 Unterschriften an den ecuadorianischen Minister für strategische Ressourcen, Rafael Poveda Bonilla. Im Saal nutzen sie die Rede für eine Protestaktion. In Informationsmaterial betonten die Protestteilnehmer, dass sie sich mit der lokalen Bevölkerung solidarisierten, die von dem geplanten Bergbau betroffen wären. Correa forderten sie auf, statt Kupferbergbau den Anbau von biologischem Kaffee als wirtschaftlicher Alternative zu unterstützen.

Vor der Konferenz in der TU Berlin hatte der im Februar 2013 mit großer Mehrheit wiedergewählte Präsident von Ecuador bei der 13. Lateinamerikakonferenz der Deutschen Wirtschaft die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Ecuador erläutert. Auch hier sprach Correa als Hauptredner in dem überfüllten Raum im Haus der Deutschen Wirtschaft. Dabei versicherte er, dass Ecuador mit einem "guten Wachstum" eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung erreicht habe. So sei das Wirtschaftswachstum seit seiner Regierungsübernahme 2006 stetig gewachsen, gleichzeitig sei die Arbeitslosigkeit auf zur Zeit 4,6 Prozent, die Armut um zehn Prozent und die extreme Armut um acht Prozent gesunken. Grundlage für diese Ergebnisse seien die Neuverhandlungen der Schulden, die erhöhten Steuereinnahmen, die Erhöhung der Renten, Löhne, Mindestlöhne und Investitionen des Staates. "Es gibt gutes und schlechtes Wachstum", so Correa. Von dem schlechten Wachstum profitiere die Wirtschaft, aber nicht die Menschen. Die Regierung Ecuadors verfolge das Ziel des "guten Wachstums" das zur Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung diene.

Correa wandte sich am Schluss an seinen Vorredner, den deutschen Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). Der hatte einen freien Handel gefordert, in dem die Privatwirtschaft und öffentlich-private Partnerschaften eine zentrale Rollen spielen sollen. Indirekt hatte er Länder wir Ecuador kritisiert, die ihre lokalen Wirtschaften "abschotteten".

Correa machte in seiner Antwort deutlich, dass Ecuador seine Wirtschaft schützen müsse, da sie sonst keine Chance habe, sich gegen die ausländischen Investoren durchzusetzen. Auch habe sich gezeigt, dass die Stärkung der Rolle des Staates zu guten Ergebnissen führe. Dennoch sei Ecuador offen für ausländische Investitionen.


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