Kolumbien: Neue Verhandlungen in Catatumbo

Protestierende Bauern beenden Straßenblockaden. Regierung soll im Gegenzug Repression und Vernichtung der Koka-Pflanzungen stoppen

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Versammlung des Bauernverbandes von Catatumbo (ASCAMCAT)
Versammlung des Bauernverbandes von Catatumbo (ASCAMCAT)

Cúcuta, Kolumbien. Nach einer Woche der Verzögerung bei der Bildung der Regierungsdelegation sind am vergangenen Donnerstag die Gespräche zwischen den protestierenden Bauern in Catatumbo und der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos wieder aufgenommen worden.

Bei dem Treffen, das mehr als fünf Stunden dauerte, legten die Sprecher der Bauern und die Regierungsvertreter einen Arbeitsplan für die kommenden vier Wochen fest. Die Delegationen werden jeweils dienstags, mittwochs und donnerstags zusammentreffen, um eine Verhandlungslösung für den Konflikt zu erreichen.

Der Arbeitsplan umfasst die Behandlung von zehn Forderungen, die von den Bauern vorgebracht wurden. Darunter ist die Schaffung einer geschützten Zone für die Bauern (ZRC), das sofortige und dauerhafte Ende der Vernichtung illegaler Koka-Pflanzungen, die Anbausubstitution sowie die Überwachung der Menschenrechtslage. Die seit 1994 in der kolumbianischen Gesetzgebung verankerten ZRC stellen für die Bauern eine Rechtsgarantie ihrer Territorien dar und sollen die Selbstverwaltung, den Schutz der bäuerlichen Wirtschaft, die effektive Durchführung einer Agrarreform sowie den Wiederaufbau der nationalen Agrarwirtschaft ermöglichen. Die Ausweitung dieser Zonen ist auch Teil der Vereinbarung zur Landreform zwischen der FARC-Guerillla und der Regierung Santos.

Ebenfalls besprochen werden sechs Punkte, die von der Regierung vorgeschlagen wurden, darunter ein Entwicklungsplan für die Region "mit dem Ziel der Überwindung der Armut". Die Region Catatumbo solle in ein "Laboratorium für den Frieden verwandelt werden“, und als "Pilotprojekt für ganz Kolumbien" dienen, sagte Santos. Seine Regierung sei bereit, über alle Themen zu sprechen. Vertreter der Bauern befürchten indes, dass Santos ein Szenario der "vorgetäuschten Toleranz" konstruiere, um ihre Proteste zu beenden.

Die Gespräche wurden am vergangenen Freitag mit einer Überprüfung der Garantien für den Dialog fortgesetzt, vor allem in Bezug auf die Aussetzung der Vernichtung der Koka-Anpflanzungen, "bis eine würdige Alternative für die Existenzgrundlage der Bauernfamilien geschaffen ist."

Vor Beginn der Verhandlungen hatte der Bauernverband von Catatumbo (ASCAMCAT) in einer öffentlichen Stellungnahme beklagt, dass in den Tagen zuvor die Vernichtung der Koka-Pflanzungen durch ein Sonderkommando der Streitkräfte forciert wurde. Dies verschärfe die humanitäre Krise und die Verletzung der Menschenrechte in der Region noch weiter, so die Organisation.

Darüber hinaus kritisierte ASCAMCAT die andauernde Medienkampagne der "Stigmatisierung und böswilligen Anschuldigungen", die darauf abziele, die sozialen Proteste und insbesondere die ZRC zu delegitimieren. Damit solle auch die Verfolgung der Bauern gerechtfertigt werden. Gegen die Aktivisten würden Prozesse eingeleitet, die "vom Geheimdienst der Armee und der Polizei orchestriert werden". Vier von ihnen seien bereits im Gefängnis. Die Gewerkschaft sieht darin die Fortsetzung einer "kriminellen Politik, die sozialen Protest kriminalisiert und bestraft". Die Regierung müsse mit dem Beginn neuer Verhandlungen ein Ende dieser Maßnahmen garantieren.

Die Organisation kündigte zugleich an, im Falle eines Scheiterns der Gespräche die Straßenblockaden wieder aufzunehmen und sich am landesweiten Agrarstreik am 19. August zu beteiligen. Die Bauern hatten am 3. August als Geste des guten Willens die Blockaden aufgehoben, mit denen sie fast zwei Monate lang unter anderem die Verbindungsstraße von Tibú nach Cúcuta im Nordosten Kolumbiens gesperrt hatten.

Für die Regierung nehmen der Hochkommissar für die Regionen, Juan Carlos Mira, der Direktor für nationale Planung, Mauricio Santamaría, die Vizeminister der Verteidigung, Jorge Bedoya, des Inneren, Carlos Gechem, der Landwirtschaft, Andrés Felipe García, der Arbeit, José Noé Ríos, und der Direktor der Abteilung für sozialen Wohlstand, Bruce MacMaster, an den Verhandlungen teil. Die Bauern sind vertreten durch die Gewerkschaftsführer von ASCAMCAT Juan Carlos Quintero, José del Carmen Abril, Olga Lucía Quintero, Elizabeth Pabón, Eugenio Guerrero und César Jerez von der Nationalen Organisation der ZRC (ANZORC). Der Kongressabgeordnete Iván Cepeda vom Polo Democrático wird als Garant fungieren.

Bei den Protesten in der Catatumbo-Region, die am 11. Juni dieses Jahres als Reaktion auf die massive Zerstörung von Koka-Planzungen durch die Armee begannen, wurden durch Polizei- und Militäreinsätze vier Menschen getötet und mindestens 50 weitere schwer verletzt.