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Proteste innerhalb der bolivianischen Streitkräfte

Militärführung will die Entlassung hunderter Unteroffiziere überdenken. Forderungen nach "Dekolonisierung" der Streitkräfte bleiben bestehen

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Evo Morales im Gespräch mit bolivianischen Soldaten
Evo Morales im Gespräch mit bolivianischen Soldaten

La Paz. Nach tagelangen Protesten hunderter Unteroffiziere und Feldwebel der bolivianischen Streitkräfte hat sich die Lage wieder entspannt. Ein Großteil der Protestierenden ist in die Kasernen und zu den Einheiten zurückgekehrt. In den kommenden Tagen muss nun geklärt werden, wie mit den offiziellen Entlassungen der Protestierenden umgegangen wird.

Vergangene Woche hatten über 700 Unteroffiziere des Heeres, der Marine und der Luftstreitkräfte gegen Diskriminierung und Rassismus innerhalb der bolivianischen Streitkräfte protestiert. Mit Märschen zum Regierungssitz nach La Paz forderten sie die "Dekolonisierung" des Militärs und mehr soziale Gerechtigkeit beim Zugang zu Ausbildungskursen und höheren Posten. Die Militärführung reagierte mit der Entlassung von 702 protestierenden Militärangehörigen, da diese unzulässig ihrem Arbeitsplatz verlassen hätten. Die Proteste wurden in einer offiziellen Stellungnahme der Armeeführung als "Aufstand, Meuterei, Durchführung politischer Aktionen und Verletzung der Würde und Ehre der gesamten Streitkräfte" bezeichnet.

Der Chefkommandant der bolivianischen Streitkräfte Víctor Baldivieso nannte in einer Pressekonferenz die Rassismus Vorwürfe "nichts als einen Vorwand für einen Aufstand und Putschversuch". Die Unteroffiziere hätten sich gegen die Prinzipien und elementaren Regeln der Armee gewandt und würden daher nach den offiziellen Vorschriften bestraft werden. Das Verhalten der Protestierenden bezeichnete Baldivieso als unvereinbar mit einer Anstellung beim Militär und dem Eid der Loyalität gegenüber dem Heimatland.

Die Vertreter der protestierenden Unteroffiziere hatten immer wieder betont, dass sie zum Dialog bereit seien und sie mit dem Prozess des Wandels in ihrem Land übereinstimmen würden. Allerdings würde beispielsweise Artikel 9 der Verfassung, nach welchem die Gesellschaft ohne Diskriminierung und auf der Basis der "Dekolonisierung" konstituiert werden soll, in der Armee bisher nicht vollständig umgesetzt. Offiziellen Verlautbarungen der Armeeführung würden dabei in die Irre führen, so der Unteroffizier Lorgio Cartagena, während der Proteste. Man wolle daher den direkten Dialog mit Präsident Evo Morales suchen, anstatt die offiziellen Dienstwege zu gehen. Cartagena entschuldigte sich außerdem bei den Bürgern der Stadt La Paz für die ihnen entstandenen Unannehmlichkeiten durch die Protestzüge. Gleichzeitig forderte er die Anwohner auf, sich für die Forderungen einzusetzen, damit zukünftige Generationen ohne Diskriminierung und Ungerechtigkeit leben können.

Inzwischen haben fast 200 entlassene Unteroffiziere ihre Wiederaufnahme in die Streitkräfte beantragt. Wie mit den Anträgen umgegangen wird, soll in den kommenden Tagen in extra einberufenen Verhandlungsrunden geklärt werden, so Chefkommandant Baldivieso. In einer weiteren Verhandlungsrunde soll dann eine mögliche Reform der Gesetzte der Streitkräfte diskutiert werd