Bauten für WM in Brasilien erst zur Hälfte fertig

Baumaßnahmen hinken Planungen hinterher. Regierung betont sozialen Nutzen der Projekte. Kosten schnellen in die Höhe

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Bauarbeiten im Stadion Fonte Nova in Salvador da Bahía
Bauarbeiten im Stadion Fonte Nova in Salvador da Bahía

Brasília. Der größte Teil der staatlichen Ausgaben für die bevorstehende Fußball-WM ist nach Angaben der brasilianischen Regierung in die Verbesserung der Infrastruktur geflossen. Dies betont die Staatsführung in Brasilien angesichts der andauernden sozialen Proteste und internationalen Kritik an den hohen Kosten für die WM. Die Bauprojekte würden der Bevölkerung auch nach der Weltmeisterschaft zugute kommen. "Ich glaube, dass die abreisenden Touristen in ihren Koffern weder das Stadion noch die städtischen Baumaßnahmen mitnehmen werden, oder die der Hotels", sagte Präsidentin Dilma Rousseff anlässlich der Einweihung des Schnellbussystems in der Millionenstadt Belo Horizonte am 8. Juni.

Mindestens die Hälfte der im Zusammenhang mit der WM geplanten Bauprojekte sind jedoch noch nicht abgeschlossen und werden frühestens Ende 2014 zur Verfügung stehen. So sind in Belo Horizonte viele Haltebuchten des Schnellbussystems nicht fertiggestellt. In Rio de Janeiro wird die Schnellstraße Corredor Transcarioca, die den Flughafen Galeao mit der Innenstadt verbindet und die mit umgerechnet rund 600.000 Euro die teuerste Einzelbaumaßnahme ist, nur in Teilabschnitten befahrbar sein. Auch andere Straßenbauprojekte in Rio werden wohl nicht rechtzeitig fertig. In Porto Alegre ist der Umbau der Avenida Tronco in eine vierspurige Entlastungsstraße nicht abgeschlossen. Dort mussten bereits 2013 viele Anwohner ihre Häuser verlassen, die sofort abgerissen wurden.

In Cuiabá wurden erst 19 der geplanten 56 städtischen Baumaßnahmen abgeschlossen. Sechs Tage vor dem Spiel Chile gegen Australien – das erste von vier Spielen, die in Cuiabá ausgetragen werden – ist die Hauptverkehrsstraße gesperrt, um sie neu zu asphaltieren. Auch die Erweiterung des Flughafens Marechal Rondon wird frühestens im August 2014 abgeschlossen sein. Das neue Straßenbahnsystem soll bis Dezember 2014 in Betrieb genommen werden. Bereits Mitte 2013 hatte das städtische Basiskomitee zur WM von technischen Schwierigkeiten bei der Verlegung der Schienen berichtet. Ebenso wurde in Cuiabá nur eines von zwei Trainingslagern von der FIFA abgenommen, so dass die gegnerischen Mannschaften sich nun einen Vorbereitungsort teilen müssen.

Eine positive Nachricht kommt dagegen aus Salvador da Bahia: Nach einer Bauzeit von 14 Jahren soll am 11. Juni die Metro-Linie 1 in Betrieb genommen werden. Die rechtzeitige Inbetriebnahme der nur 7,3 Kilometer langen überirdischen Bahnstrecke war bisher nicht sicher. Der Bau kostete umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro, die aus Mitteln des Bundesstaates Bahia, des Bundes und der Gesellschaft CCR Bahia Mêtro stammen. In den ersten 90 Tagen soll die Fahrt umsonst sein, an den Spieltagen der Fußballweltmeisterschaft sind jedoch nur Fahrgäste mit Eintrittskarten zugelassen.

Wenige Tage vor dem Anpfiff sind die Arbeiten an den Stadien weitgehend abgeschlossen: Das Stadion in São Paulo, in dem das Eröffnungsspiel der WM am 12. Juni stattfinden wird, befindet sich allerdings noch "im Testbetrieb".

Die Kosten für den Stadionbau in Brasilien haben sich seit den ersten Berechnungen nach dem Zuschlag der FIFA mehr als verdreifacht: von 2,5 Milliarden Reais (rund 800 Millionen Euro) auf heute acht Milliarden Reais (rund 2,7 Milliarden Euro). Hatte Präsident Lula da Silva noch angekündigt, dass der größte Teil der Investitionen privat erfolge, wurden tatsächlich nur 1,6 Prozent der Kosten des Stadionbaus von privaten Investoren getragen. Die Gesamtinvestitionen für die WM, inklusive der Investitionen für städtische Mobilität, Telekommunikation und Sicherheitsmaßnahmen, werden aktuell auf 25 Milliarden Reais geschätzt.