Prozess wegen "Operation Condor" in Italien

Anklagen gegen Ex-Militärs und Politiker wegen Entführung und Ermordung von 23 italienischen Staatsbürgern während der Diktaturen in Südamerika

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Vier der 23 italienischen Staatsbürger, die Opfer der "Operation Condor" wurden: Juan Pablo Recagno, Armando Bernardo Arnone, Gerardo Francisco Gatti und María Emilia Islas (von links nach rechts)
Vier der 23 italienischen Staatsbürger, die Opfer der "Operation Condor" wurden: Juan Pablo Recagno, Armando Bernardo Arnone, Gerardo Francisco Gatti und María Emilia Islas (von links nach rechts)

Rom. In Italien beginnt am 12. Februar 2015 der erste Prozess gegen 20 Militärs und Politiker aus Bolivien, Chile, Peru und Uruguay wegen Verbrechen im Rahmen der Operation Condor. Dies gab der für die Voruntersuchungen zuständige Ermittlungsrichter Alessandro Arturi am vergangenen Montag bekannt. Die Männer werden vor der 3. Kammer des Strafgerichts in Rom angeklagt, an der Entführung und Ermordung von 23 italienischen Staatsbürgern beteiligt gewesen zu sein, die in Argentinien, Chile und Uruguay geboren wurden.

Die vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA angeleitete Operation Condor der lateinamerikanischen Diktaturen in den 1970er und 1980er Jahren hatte zum Ziel, politische Gegner auszuschalten. Tausende Menschen wurden im Rahmen dieser Geheimoperation gefoltert und ermordet oder entführt und verschwanden dann meist spurlos.

Die italienische Staatsanwaltschaft leitete vor über 15 Jahren Ermittlungen ein, nachdem Angehörige der verschwundenen Italiener Klage eingereicht hatten. Richter Arturi ordnete im vergangenen Jahr die Eröffnung des Prozesses an.

Prozessiert wird nun gegen elf Chilenen, vier Uruguayer, vier Peruaner und aus Bolivien gegen Ex-Diktator General Luis García Meza Tejada. Ebenfalls auf der Liste der Angeklagten sind unter anderen die chilenischen Ex-Generäle Sergio Arellano Stark und Manuel Contreras, seinerzeit Chef des Geheimdienstes DINA. Stark ist als Anführer der Karawane des Todes bekannt, bei der politische Gefangene im ganzen Land getötet wurden. In der uruguayischen Gruppe sind der ehemalige Außenminister (1973-1976) Juan Carlos Blanco und Geheimdienstchef General Iván Paulós sowie Oberst Pedro Antonio Mato Narbondo, der beschuldigt wird, einer der Organisatoren der Folter im Geheimgefängnis Automotores Orletti in Buenos Aires gewesen zu sein. Aus Peru wird unter anderen Ex-Präsident Francisco Morales Bermudez angeklagt.

Der Prozess wird nicht gegen alle der ursprünglich von Staatsanwalt Giancarlo Capaldo 35 Beschuldigten geführt. Drei sind verstorben und in anderen Fällen müsse noch geklärt werden, ob gegen die betreffenden Personen erneut prozessiert werden kann, da sie in ihren Ländern bereits einschlägig verurteilt wurden. Diese Fälle sollen in einer neuen Vorverhandlung am 19. Dezember geprüft werden.

Unter den Angeklagten ist kein argentinischer Militär, obwohl einige der 23 Verschwundenen dort entführt worden sind. Argentinien möchte sich derzeit nicht mit diesem internationalen Prozess befassen, da im Land selbst Ermittlungsverfahren und Prozesse mit den gleichen Zeugen und den gleichen Beweisen im Gang seien, heißt es von argentinischer Seite.

Gegen die Männer im Alter von 70 bis 92 Jahren wird in Abwesenheit verhandelt werden. Der italienische und der uruguayische Staat treten als Nebenkläger auf.

Unter den 23 Diktaturopfern mit italienischen Vorfahren, die nach dem Gesetz des Landes Staatsbürger Italiens sind, befinden sich sechs Argentinier, von denen zwei in Bolivien, zwei in Brasilien und zwei in Paraguay entführt wurden; vier Chilenen, die in Chile selbst und 13 Uruguayer, die in Argentinien verschwanden.

Angehörige der Opfer zeigten sich erfreut über die Entscheidung des Richters. Sie sei froh, dass der Prozess nun endlich beginne, obwohl nur ein Teil der Beschuldigten aus Uruguay angeklagt würden, sagte Cristina Mihura gegenüber der argentinischen Tageszeitung Pagina 12. Mihura ist die Witwe des Italouruguayers Armando Bernardo Arnone Hernandez, der 1976 in Buenos Aires entführt wurde. Maria Paz Venturelli, die Tochter des chilenischen Verschwundenen Omar Roberto Venturelli, äußerte ihre Freude über den Prozessbeginn. Italien habe eine große Verantwortung übernommen. Venturelli war Angehöriger der Bewegung Revolutionäre Linke (MIR) und ehemaliger Priester. Er wurde festgenommen und zuletzt am 4. Oktober 1973 lebend im Gefängnis in Temuco gesehen. Margarita Maino Canales aus Chile, die Schwester von Juan Maino, betonte bei einer Pressekonferenz nach der Verkündigung des Richterspruchs, sie hoffe, dass Chile dem Beispiel Italiens folge und Licht in die Verbrechen während der Diktatur unter Augusto Pinochet (1973-1990) bringe. Juan Maino war Student und Mitglied der Bewegung Volksaktion (Mapu) und ist seit dem 26. Mai 1976 mutmaßlich in der Deutschensiedlung Colonia Dignidad verschwunden.