Venezuela / Politik / Medien

Opposition in Venezuela setzt auf Klima der Angst

Meinungsforscher warnt: Trotz Programm- und Führungsschwäche könnte Opposition Wahlen gewinnen. Präsident Maduro beklagt Medienkampagne

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Karneval in Caracas. Im gesellschaftlichen Leben Venezuelas sei "der Chavismus heute die einzige soziale, kulturelle, symbolische und politische Kraft", so Oscár Schemel
Karneval in Caracas. Im gesellschaftlichen Leben Venezuelas sei "der Chavismus heute die einzige soziale, kulturelle, symbolische und politische Kraft", so Oscár Schemel

Caracas. Der Leiter des privaten venezolanischen Umfrageinstituts Hinterlaces, Óscar Schemel, hat die Ergebnisse jüngster Befragungen erläutert, in denen die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung des südamerikanischen Landes thematisiert wird.

Eine Unterversorgung besonders mit Artikeln des Grundbedarfs und Medikamenten habe krisenhafte Ausmaße angenommen und bedeute eine starke Belastung für Menschen mit geringem Einkommen. Schemel äußerte sich in der wöchentlich über Televen ausgestrahlten Sendung des über Parteigrenzen hinweg angesehenen Journalisten José Vicente Rangel.

In Auswertung von Umfragen aus dem Zeitraum vom 28. Januar bis zum 15. Februar urteilt der Meinungsforscher, dass wichtige politische Leitlinien der Regierung in der Bevölkerung immer noch Zustimmung finden. So werden zwei der umstrittensten wirtschaftspolitischen Vorgaben, die Wechselkurskontrolle und die beabsichtigte Anpassung der Benzinpreise, je mit 63 zu 30 sowie mit 59 zu 39 Prozent von den Befragten unterstützt. An der Wechselkurskontrolle hält die Regierung fest, um Kapitalflucht zu erschweren und so die Gewinne aus dem Ölgeschäft für Investitionen im Land und für die Sozialpolitik verfügbar zu haben. Besonders heikel ist die Frage der Preise für Benzin, die gegenwärtig niedriger als für Trinkwasser liegen, da Benutzer von Massenverkehrsmitteln und viele kleine Transportunternehmer belastet würden.

Weiter ließen die aktuellen Zahlen auf eine Unterstützung für die Opposition von nur 18 Prozent schließen, während die Regierung eine Zustimmung von 36 Prozent genießt. Schemel zeigte sich überzeugt, dass im gesellschaftlichen Leben Venezuelas "der Chavismus heute die einzige soziale, kulturelle, symbolische und politische Kraft" sei. Die Strategien der extremen Rechten stärkten die Opposition keineswegs. Gleichwohl merkte er an, dass es der Regierung an "Bewusstsein über den Ernst der Situation" mangele. Die Reihenfolge der Sorgen der Bevölkerung sei Unterversorgung, Unsicherheit und die Geldentwertung. Vor diesem Hintergrund sei die Gefahr groß, dass "psychologischer Krieg, gestreute Gerüchte und Wirtschaftskrieg" das Land "neurotisieren" könnten. Ein "Klima von Ängsten, Unsicherheit, Unruhe, Schutzlosigkeit und Verletzlichkeit" fördere irrationale Reaktionen und dürften auch das Wahlverhalten bestimmen. Der Meinungsforscher beurteilt als "die große Schwäche der Regierung", dass sie über keine kommunikative Strategie verfüge, um "Hoffnungen und Sicherheitsgefühl wiederherzustellen."

Indes hat Präsident Nicolás Maduro erneut darauf hingewiesen, es gebe eine internationale Medienkampagne gegen Venezuela. Ungeachtet des großen Rückhalts, den das sozialistische Modell in der Bevölkerung genieße, werde Venezuelas Regierung insbesondere in kolumbianischen Medien konsequent schlechtgemacht. "Wenn ihre Voraussagen wahr wären, weshalb hätten wir unter den Voraussetzungen von Wirtschaftskrieg und Sabotage die Arbeitslosigkeit auf historische Tiefstwerte gesenkt und reduzieren die Armut immer mehr?", fragte Maduro. "Und weshalb kämen tausende Kolumbianer, um in Venezuela zu leben, wenn diese Schmutzkampagnen der Wahrheit entsprechen würden?", so der Staatschef mit Blick auf die über 5 Millionen Kolumbianer, die gegenwärtig in Venezuela leben. Es sei nicht länger akzeptabel, "dass die Medien-Oligarchie Kolumbiens über Venezuela lügt und Hass sät", warnte Maduro.

Die Beziehungen zwischen Venezuela und Kolumbien sind trotz vielfältiger wirtschaftlicher und demographischer Verflechtungen immer wieder angespannt. Unlängst hatte der ehemalige Informationschef des kolumbianischen Inlandsgeheimdienstes (DAS), Rafael García, offengelegt, dass während der Regierungszeit von Präsident Álvaro Uribe von höchster Stelle eine Verschwörung gegen Venezuelas Staatschef Hugo Chávez geplant wurde.

Maduro kritisierte auch die venezolanische Opposition, die zu den im Februar aufgedeckten Putschplänen gegen seine Regierung ein "komplizenhaftes Schweigen" bewahre. So verteidige die Rechte "die Straflosigkeit jener Politiker, die den Weg der Gewalt und des Staatsstreiches gehen wollen."