Kolumbien / Venezuela / Politik

Spannungen zwischen Kolumbien und Venezuela halten an

Grenze bleibt vorerst geschlossen. Vorwürfe und Dementi wegen angeblicher Verletzung des Luftraums. Präsident Santos besucht Grenzregion

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Um Dialog bemüht: Außenministerinnen Rodríguez (links im Bild) und Holguín
Um Dialog bemüht: Außenministerinnen Rodríguez (links im Bild) und Holguín

Caracas/Bogotá. Die Grenzübergänge zwischen Venezuela und Kolumbien bleiben vorerst geschlossen. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hatte die Grenzschließung am 19. August angeordnet, nachdem eine venezolanische Militärpatrouille im Bundesstaat Táchira mutmaßlich von kolumbianischen Paramilitärs angegriffen und drei Soldaten verletzt wurden.

Kolumbiens Staatschef Juan Manuel Santos besuchte gestern die Grenzregion La Guajira, um sich ein Bild der Situation zu machen. Die Grenzschließung hat zuletzt diplomatische Irritationen zwischen den Nachbarstaaten ausgelöst. Besonders die Abschiebung kolumbianischer Staatsbürger ohne gültige Papiere aus Venezuela löste Kritik an Maduros Regierung aus. Ein Treffen der Außenministerinnen Delcy Rodríguez und María Ángela Holguín am vergangenen Samstag in Ecuador sorgte kurzzeitig für etwas bessere Stimmung, brachte jedoch noch keine greifbaren Resultate.

Am Sonntag beschuldigte Kolumbiens Regierung in einem Kommuniqué die venezolanische Luftwaffe, mit zwei Militärflugzeugen den Luftraum des Nachbarlandes verletzt zu haben. Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino López dementierte die Vorwürfe. Flugzeuge hätten zwar am Wochenende entlang der Grenze patroulliert. "Es gab keinerlei Verletzung des kolumbianischen Luftraums", sagte Padrino López. Gleichzeitig machte er die Regierung von Präsident Santos für paramilitärische Umtriebe in den Grenzregionen verantwortlich. Der Paramilitarismus sei "schon seit vielen Jahren eine Staatspolitik" in Kolumbien, so der Minister.

Außenministerin Rodríguez beklagte über den Kurznachrichtendienst Twitter, Kolumbiens Regierung versuche die Vermittlungsbemühungen der Staatenbünde Unasur und Celac zu sabotieren. "Wir sehen mit Besorgnis die systematische Tendenz der Regierung Kolumbiens, Zwischenfälle zu erfinden, die nicht existieren, um unsere Beziehungen zu beeinträchtigen", schrieb Rodríguez.

Ungeachtet der Polemik scheinen die Maßnahmen der venezolanischen Regierung zumindest im eigenen Land auf mehrheitliche Zustimmung zu stoßen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Hinterlaces stimmen 61 Prozent der Venezolaner der Grenzschließung zu. 36 Prozent sprachen sich dagegen aus, während drei Prozent keine Meinung äußerten.

Hintergrund der Popularität der Maßnahme ist laut der Meinungserhebung, dass eine Mehrheit der Befragten sich davon eine effektive Bekämpfung des Lebensmittel- und Benzinschmuggels nach Kolumbien verspricht. Nach offiziellen Schätzungen werden rund 40 Prozent aller Lebensmittel illegal vom venezolanischen Markt abgezweigt und am Zoll vorbei nach Kolumbien geschmuggelt. Auch der Treibstoffschmuggel hat große Ausmaße angenommen: Die Menge illegal ins Nachbarland ausgeführten Benzins entspricht geschätzten fünf Prozent der Gesamtproduktion der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA, der wirtschaftliche Schaden für Venezuela beläuft sich allein beim Treibstoff auf jährlich rund 1,4 Milliarden US-Dollar.

Präsident Maduro hat deshalb die kolumbianische Regierung wiederholt aufgefordert, den Verkauf von Schmuggelware zu unterbinden. Dies sei eine Voraussetzung für die Wiederöffnung der Grenzübergänge.