Bürgerkriegsopfer in El Salvador fordern Ende der Straflosigkeit

Amnestiegesetz von 1993 schützt die Verantwortlichen für Verbrechen. Streitkräfte sollen ihre Archive öffnen, Staatsanwaltschaft die Täter identifizieren

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Rechts im Bild Mirna Perla von Asemoria, in der Mitte Ombudsmann David Morales
Rechts im Bild Mirna Perla von Asemoria, in der Mitte Ombudsmann David Morales

San Salvador. Bei der vierten Versammlung der Opfer des Bürgerkrieges haben Menschenrechtsorganisationen zum wiederholten Mal gerichtliche Untersuchungen der Verbrechen dieser Zeit gefordert. Insgesamt kamen während des Krieges 75.000 Menschen ums Leben, etwa 8.000 Menschen verschwanden spurlos. Die Überlebenden und Angehörige der Opfer warten noch heute auf Aufklärung und Gerechtigkeit. Die öffentliche Veranstaltung fand im Parque Cuscatlán, direkt vor dem Mahnmal für die Opfer des Bürgerkrieges in El Salvador (1980 – 1992) statt.

Der Ombudsman für Menschenrechte (PDDH), David Morales, der sie zusammen mit der "Vereinigung für die Wahrheit und die Erinnerung der Kriegsopfer" (Asemoria) organisiert hat, erläuterte, dass das fehlende historische Gedächtnis eine der Ursachen für die Straflosigkeit ist, die in El Salvador herrscht, denn "die Verantwortlichen für schreckliche Verbrechen wurden dadurch geschützt". Er forderte den Staat auf, die Verfassung und internationale Menschenrechtsverträge einzuhalten und so "das Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und moralische und materielle Wiedergutmachung" zu garantieren. Außerdem müsse die Generalstaatsanwaltschaft gründliche und effektive Ermittlungen durchführen, um die Verantwortlichen für die Verbrechen zu identifizieren. Auch sollten die Streitkräfte den Zugang zu den Militärarchiven erleichtern, was sie bis heute verweigerten.

Mirna Perla, eine Sprecherin von Asemoria, betonte, dass ein "historisches Gedächtnis auch für die Wiedergewinnung der Integrität der Opfer" wichtig sei. Die Straflosigkeit, die die Haltung der Mörder jahrelang unterstützt habe, müsse abgelehnt werden.

An der Veranstaltung nahmen Dutzende Menschen teil, die den Bürgerkrieg erlebt und Angehörige verloren haben. Im Gedenken an sie trugen alle Teilnehmer eine Rose.

Obwohl der Krieg nun schon seit 24 Jahren beendet ist, sind die Forderungen der Menschenrechtsorganisationen sehr aktuell. Immer wieder exhumiert ein forensisches Team die Überreste von Opfern an den Orten, an denen bekanntermaßen Massaker stattfanden, damit die Angehörigen sie in Würde bestatten können. Im Februar 2016 wurden in El Salvador vier von 16 mit internationalem Haftbefehl gesuchte ehemalige Offiziere und Soldaten verhaftet, die an der Ermordung von sechs Jesuiten, ihrer Hausangestellten und deren Tochter im November 1989 beteiligt gewesen sein sollen. Ein Gericht in Spanien, das den Fall verhandelt, hat die Auslieferung beantragt. Vergangene Woche ersuchten Menschenrechtsgruppen in El Salvador um eine Anhörung beim Obersten Gerichtshof, um die Auslieferung mit Argumenten zu unterstützen.

Am 16. Januar 1992 unterzeichneten die Regierung und die linksgerichtete Guerillabewegung "Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti" (FMLN) unter Aufsicht der Vereinten Nationen einen Friedensvertrag. Darin wurde unter anderem auch eine Wahrheitskommission vereinbart, um die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen zu untersuchen und aufzuklären. Fünf Tage nachdem diese ihren Bericht veröffentlichte, erließ das neue salvadorianische Parlament ein Amnestiegesetz, so dass bis heute niemand zur Rechenschaft gezogen werden kann. Seit Jahren fordern Menschenrechtsorganisationen die Aussetzung dieses Gesetzes, bisher ohne Erfolg. Am 4. April 2016 setzte sich die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) mit den Verbrechen während des Bürgerkrieges auseinander. Dabei ging es ebenfalls um die andauernde Straflosigkeit. Diese wird in Teilen auch für das extrem hohe Ausmaß an Gewalt im heutigen El Salvador verantwortlich gemacht.

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