Verstoß gegen Charta? Bolivien geht gegen Regionalorganisation OAS vor

Erneut Kritik an Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten. Bolivien plant Klage "gegen Einmischung in innere Angelegenheiten"

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Samuel Doria Medina (links) und OAS-Generalsekretär Luis Almagro bei ihrem Treffen in Washington
Samuel Doria Medina (links) und OAS-Generalsekretär Luis Almagro bei ihrem Treffen in Washington

La Paz. Die Regierung von Bolivien hat angekündigt, gegen den Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, eine Beschwerde einzureichen. Wie der bolivianische Vertreter bei der OAS, Diego Pary, am 11. November bekanntgab, werde sich das Land an den ständigen Rat der Organisation wenden, um "gegen die Einmischung in innere Angelegenheiten" vorzugehen. Grund für die Klage ist die Entsendung eines Beobachters der OAS nach Bolivien, die laut Pary der vorherigen Zustimmung der Mitgliedsstaaten im ständigen Rat der OAS bedurft hätte. Es sei nicht das erste Mal, dass sich der seit 2015 amtierende Generalsekretär aus Uruguay über das höchste Entscheidungsgremium der Staatengemeinschaft hinwegsetze.

Bereits einige Tage zuvor hatte die bolivianische Regierung ihren Unmut darüber geäußert, dass die OAS einen Beobachter für den Gerichtsprozess gegen den Großunternehmer und Oppositionspolitiker Samuel Doria Medina nach Bolivien geschickt hatte. Laut Innenminister Carlos Romero verstoße Almagro gegen die Souveränität des unabhängigen Staates Bolivien sowie gegen die Charta der OAS und die Wiener Konvention. Es liege im Ermessen eines jeden Staates, unabhängig über den Rahmen seiner rechtlichen Mechanismen und die Justiz zu entscheiden. Der Entscheidung der OAS war ein Treffen zwischen Doria Medina und Almagro in Washington vorausgegangen, in dem sich der bolivianische Politiker über die "Verletzung seiner Rechte aufgrund seiner politischen Orientierung" beschwert hatte.

Im Januar 2016 hatte das bolivianische Parlament mehrheitlich für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens gegen den Ex-Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada wegen der unzulässigen Privatisierung staatlicher Unternehmen in seiner Amtszeit von 1993-1997 votiert. Sánchez de Lozada, der nach dem sogenannten Gaskrieg mit mehr als 80 Toten und hunderten Schwerverletzten im Jahr 2003 aus dem Land geflohen war, lebt bis heute im US-amerikanischen Exil. Im Zuge des Verfahrens müssen sich auch ehemalige Minister dieser Regierungsperiode vor der Justiz verantworten, darunter Doria Medina, der 1991 bis 1993 den Ministerposten für Wirtschaftsplanung innehatte. Er wird im Moment von der bolivianischen Staatsanwaltschaft unter anderem wegen verschiedener Wirtschaftsdelikte belangt. Damit habe er dem Staat vorsätzlich ökonomischen Schaden zugefügt. Den Vorwürfen zufolge habe er während seiner Amtszeit als Minister 21 Millionen US-Dollar staatlichen Vermögens abgezweigt, um sie der privaten Stiftung Funda-Pró zukommen zu lassen. Die Stiftung setzt sich nach eigener Darstellung für die soziale Entwicklung und wirtschaftliches Wachstum in Bolivien ein, unter anderem durch die Vergabe von Mikrokrediten für Unternehmer.

Doria Medina bezichtigt das Parlament und die Regierung von Evo Morales der "Instrumentalisierung der Justiz im Stile Venezuelas, um ehemalige Funktionäre und heutige Regierungsgegner auszuschalten". Der langjährige Vorsitzende der Oppositionspartei Nationale Einheit (UN) ist einer der schärfsten Kritiker der Verfassungsreform, die eine erneute Wiederwahl von Morales als Präsident im Jahr 2019 auf den Weg bringen würde und die im Referendum im Februar 2016 von der Bevölkerung abgelehnt wurde. Im Dezember 2014 hatte der erfolgreiche Geschäftsmann die Anteile an seiner Zementfabrik für 300 Millionen US-Dollar an eine peruanische Holding verkauft, um sich vollständig der Politik zuwenden zu können.

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