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Brasilien: Neues Gerichtsverfahren könnte Michel Temer Präsidentschaft kosten

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Welche Geschenke hat Michel Temer in Brasilien angenommen?
Welche Geschenke hat Michel Temer sonst noch angenommen? Das will das Wahlgericht in Brasilien klären

Brasília. Das Oberste Wahlgericht in Brasilien prüft seit Dienstag dieser Woche, ob der De-facto-Präsident Michel Temer und die letzte gewählte Präsidentin des Landes, Dilma Rousseff, ihren Wahlkampf 2014 aus illegalen Spenden bestritten haben. Das Verfahren könnte über das politische Schicksal von Temer entscheiden. Er ist der unbeliebteste brasilianische Präsident seit Beginn der statistischen Erhebungen. Der Vorwurf: Annahme von illegalen Spenden für den Wahlkampf 2014.

Das Interesse der Öffentlichkeit an dem Gerichtsverfahren gegen den Präsidenten ist riesig. In Brasilia reicht der Platz im Gerichtssaal nicht aus für die Besucher: über 170 Journalisten, Anwälte und brasilianische Bürger waren beim Auftakt des Prozesses dabei. Das oberste Wahlgericht Brasiliens hat für das Publikum in Nebenräumen zwei Leinwände installiert.

Seit Dienstag untersuchen die Richter, ob die damalige Präsidentschaftskandidatin Rousseff und Temer, der als ihre Vize angetreten war, im Wahlkampf 2014 illegale Wahlkampfspenden angenommen haben. Es geht um Zahlungen an geheime Wahlkampfkassen aus der Hand des Baukonzerns Odebrecht. Auch steht die Frage im Zentrum, ob die Wahlkämpfer aus dem gigantischen Korruptionssystem um den halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras finanzielle Unterstützung erfuhren.

Marcelo Odebrecht, ehemaliger Chef des Baukonzerns Odebrecht, hatte ausgesagt, eine Spende von 150 Millionen Reais (gut 45.000 Euro) an Rousseff und Temer gezahlt zu haben. Der Finanzminister soll Managern von Odebrecht dafür Steuervorteile versprochen haben.

Sollte Michel Temer für schuldig befunden werden, kann das Oberste Wahlgericht die Wahl von 1014 für ungültig erklären. So könnte der frühere Vize Michel Temer das Amt verlieren, das er seit einem parlamentarischen Putsch gegen Rousseff im vergangenen Jahr bekleidet. Die aus dem Amt getriebene Rousseff dürfte in diesem Fall keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden.

Für Temer kommt das Verfahren zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Seine Zustimmungsrate bei der brasilianischen Bevölkerung liegt bei nur zehn Prozent.

Das Gerichtverfahren wird Ende April fortgesetzt.