Venezuela / Politik

Proteste in Venezuela gegen Regierung schlagen erneut in Gewalt um

Opposition fordert Absetzung der Richter am Obersten Gerichtshof und Durchführung von Regional- und Präsidentschaftswahlen. Gewaltaktionen kleiner Gruppen

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Bis zum Montagabend gingen die Gewaltaktionen kleiner Guppen im wohlhabenden Osten von Caracas weiter
Bis zum Montagabend gingen die Gewaltaktionen kleiner Guppen im wohlhabenden Osten von Caracas weiter

Caracas. In Venezuelas Hauptstadt ist es am Montag erneut zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und oppositionellen Gruppen gekommen, die gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro demonstriert haben. Politiker der Partei Voluntad Popular (VP), die zum extremen Flügel des Oppositionsbündnisses Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) gehört hatten zu einer Kundgebung aufgerufen. Von dort aus zogen gegen Mittag mehrere hundert Demonstranten vom wohlhabenden Viertel Chacaito im Osten von Caracas auf der Stadtautobahn Richtung Zentrum. Ziel waren die Sitze der Nationalen Ombudsbehörde und der Generalstaatsawaltschaft. Dort wollten die Demonstrierenden ihren Forderungen nach Absetzung der Richter des Obersten Gerichtshofes und nach Abhaltung von Regional- und Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr Nachdruck verleihen. Außerdem verlangten sie die Freilassung "politischer Gefangener". Einheiten der Polizei und der Nationalgarde versperrten dem Zug den Weg. Daraufhin griffen Vermummte diese mit Steinen und Brandsätzen an. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.

Laut verschiedenen venezolanischen Medienberichten wiederholte sich das Geschehen wie in den Tagen zuvor: Oppositionspolitiker rufen zu Kundgebungen in ihren Hochburgen im Osten von Caracas auf und kündigen "Märsche" ins Stadtzentrum an, die als nicht genehmigte Demonstrationen stattfinden. Die Zusammenstöße mit der Polizei würden für die zahlreich anwesenden internationalen Fotoreporter provoziert.

Der Ton zwischen Opposition und Regierung hat sich erneut verschärft. Der Bürgermeister von El Hatillo, David Smolansky, ebenfalls von der Partei VP, hatte nach der gewaltsamen Auflösung eines Proteszuges in die Innenstadt am Samstag getwittert: "Achtung, internationale Gemeinschaft! Vorsicht: Nicolás Maduro beginnt chemische Waffen einzusetzen, wie es in Syrien geschieht". Die Polizei habe "rotes chemisches Gas" eingesetzt. Wie die Korrepondentin des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur von vor Ort berichtete, handelte es sich um eine rote Rauchbombe. Da Smolansky seine Äußerung kurz nach der Bombardierung eines syrischen Luftwaffenstützpunktes durch US-Streitkräfte verbreitete, warfen nicht nur Regierungsvertreter ihm vor, eine US-Intervention in Venezuela herbeizurufen.

Für Empörung beim Oppositionsbündnis hatte zuvor eine Entscheidung des Rechnungshofes gesorgt, dem zweimaligen MUD-Präsidentschaftskandidaten Henrique Capriles, seit 2008 Gouverneur des Bundesstaates Miranda, die Ausübung politischer Ämter für 15 Jahre zu untersagen. Capriles ist für die nächste Wahl der Kandidat seiner Partei Primero Justicia gegen den amtierenden Präsidenten. Die Behörde wirft dem Gouverneur "Unregelmäßigkeiten" vor. So habe er einen Haushaltsplan dem Rechnungshof von Miranda nicht ordnungsgemäß zur Prüfung vorgelegt und ohne die erforderliche Genehmigung Kooperationsabkommen mit den Botschaften von Polen und Großbritannien geschlossen. Der Entzug des passiven Wahlrechtes beginne erst nach Ende seiner Amtszeit, zitiert die regierungskritische Tageszeitung El Nacional ein Kommuniqué des Rechnungshofes.

Capriles nannte die Entscheidung "Teil des Putsch-Paketes von oben" und Präsident Nicolás Maduro einen "Heuchler und Putschisten, der keinerlei Wahlen mehr will". Maduro entgegnete dem, er freue sich im Gegenteil darauf, dass bald Regionalwahlen stattfinden und sei vom erneuten Sieg der regierenden Sozialistischen Partei (PSUV) überzeugt. Die Lokalpolitiker der Opposition seien "für nichts gut". Bei den letzten Wahlen Mitte Dezember 2012 hatte die Partei des Präsidenten von 23 Gouverneursposten 20 gewonnen.

Dass die Nationale Wahlbehörde bis heute noch keinen Termin für die Gouverneurs- und Bürgermeisterwahlen anberaumt hat, die laut Verfassung alle vier Jahre stattfinden müssen, stößt indes nicht nur bei der rechten Opposition auf zunehmende Kritik. So wirft die "Plattform zur Verteidigung der Verfassung", der unter anderem einige Ex-Minister des verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez und Vertreter der trotzkistischen Gruppe Marea Socialista angehören, der Regierung Maduro vor, mittels der Verlängerung des ausgerufenen Wirtschaftsnotstandes einen permanenten Ausnahmezustand einzuführen und damit Wahlen zu verhindern. Dies stelle einen Verfassungsbruch dar.

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