Trotz Widerstandes: Wasserkraftprojekte in Guatemala können weitergebaut werden

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Der Bau der Wasserkraftprojekte in Guatemala kann weitergehen
Der Bau der Wasserkraftprojekte in Guatemala kann weitergehen, Anwohner sind enttäuscht

Guatemala-Stadt. In Guatemala können mehrere vor Ort umstrittene Wasserkraftwerke am Fluss Cahabón im Departement Alta Verapaz weitergebaut werden, nachdem die Arbeiten im Februar nach Protesten von Anwohnern gerichtlich gestoppt worden waren. Das Verfassungsgericht ordnete dem Bergbau- und Energieministerium zugleich zwar an, in den betroffenen indigenen Gemeinden innerhalb eines Jahres eine Volksbefragung durchzuführen. Aber das neue Urteil widerspricht einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Februar dieses Jahres, mit der die Arbeiten an den Wasserkraftwerken vorübergehend gestoppt worden waren. Die Anwohner zeigten sich enttäuscht.

José Cruz von der Umweltorganisation Madre Selva bezeichnete das neue Urteil als "illegal und diskriminatorisch". Es sei Teil einer Strategie, die indigenen Gemeinden nicht mit einzubinden und sie zu entrechten.

Guatemala hat 1998 die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Rechte der indigenen Völker ratifiziert. Das Abkommen verpflichtet den guatemaltekischen Staat, die Rechte der indigenen Völker zu schützen. Ein Grundsatz dieser Konvention ist das Recht auf eine vorgängige, freie und informierte Konsultation der indigenen Völker vor jeglichen Aktivitäten in ihren Territorien.

Nach Angaben von Aktivisten vor Ort wird der Bevölkerung der Zugang zum Wasser von Oxec S.A. seit 2013 zunehmend erschwert. Auch die Versprechen des Unternehmens, soziale Projekte durchzuführen, würden nicht erfüllt, sagte ein Anwohner in einem Video, das der Korrespondent des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur, Santiago Botón, online dokumentierte. Diffamierungen und Bedrohungen seitens der Wasserkraftwerke gegen die lokale Bevölkerung, die sich gegen die Eingriffe und Einschränkungen wehrt, nehmen dieser Quelle zufolge zu.

Ein Anführer des Widerstands gegen die Wasserkraftprojekte bekräftigte nun, dass die 195 indigenen Gemeinden seit letztem Jahr bereit gewesen seien, eine Befragung gemäß dem internationalen Abkommen durchzuführen. Im Juni letzten Jahres hatten die indigenen Gemeinden alles für eine Konsultation vorbereitet. Das verantwortliche Unternehmen Oxec S.A. legte jedoch eine Beschwerde ein und verhinderte die Befragung wenige Tage vor dem geplanten Termin. Seitdem nahmen Proteste der indigenen Gemeinden zu – ebenso wie die Repression. Ein Anführer der Proteste, Bernardo Caal Xol, sitzt seit März in Untersuchungshaft. Indigene Aktivisten mit falschen Anschuldigungen aus dem Verkehr zu ziehen ist eine bekannte Strategie von Unternehmen in Guatemala. So wurden 2016 sieben indigene Aktivisten erst nach mehrmonatiger Untersuchungshaft freigelassen.

Nach dem Urteil starteten Wirtschaftsvertreter eine neue Medienkampagne. Das Urteil gefährde die soziale und ökonomische Stabilität Guatemalas, hieß es dabei mit Blick auf die Auflage, eine Volksbefragung anzuberaumen. In der Presse wurde das kritisch kommentiert. Einmal mehr bestimmten mächtige Wirtschaftsvertreter das juristische und politische Geschehen in Guatemala und verletzten die Rechte der indigenen Völker, schrieb Marielos Monzón in der Tageszeitung Prensa Libre.

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