Mexiko / Menschenrechte

Zwei Drittel aller Frauen in Mexiko sind Opfer von Gewalt

Studie des Instituts INEGI. 66 Prozent der Frauen betroffen. Probleme bestehen in Familien und am Arbeitsplatz. Opfer erstatten oft keine Anzeige

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Demonstration gegen Gewalt gegen Frauen in Mexiko-Stadt: "Machismus tötet"
Demonstration gegen Gewalt gegen Frauen in Mexiko-Stadt: "Machismus tötet"

Mexiko-Stadt. In Mexiko haben 66,1 Prozent der Frauen ab 15 Jahren bereits mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt erlitten. Das hat eine landesweite Umfrage des Nationalen Instituts für Statistik und Geografie (INEGI) ergeben.

Das Ziel der "Nationalen Umfrage über die Dynamik der Familienbeziehungen 2016" bestand darin, festzustellen, wie viele mexikanische Frauen in den letzten zwölf Monaten Opfer von Gewalt gewesen sind und welche Form der Gewalt sie erlebt haben. Die Umfrage unterscheidet physische, psychische, sexuelle und wirtschaftliche Gewalt und dokumentiert auch die Orte, an denen die Frauen am häufigsten angegriffen wurden: am Arbeitsplatz, in der Schule, Familie, Gemeinde oder im öffentlichen Raum. Erfasst wurden auch die Täter, die die Gewalt ausgeübt haben, darunter Ehemänner, Lebenspartner, Freunde, Familienmitglieder, Kommilitonen oder Unbekannte. 

Aus der Umfrage ergab sich, dass etwa 30,7 Millionen der mexikanischen Frauen mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer, psychischer oder sexueller Gewalt werden.

Die meisten dieser Gewaltanwendungen finden innerhalb von Beziehungen statt, in denen der Ehemann, der Freund oder der Lebenspartner die Frauen angreifen. 43,9 Prozent der Mexikanerinnen, die eine Beziehung haben, sind mindestens ein Mal Opfer.

Auch Straßen und andere öffentliche Räume sowie die öffentlichen Verkehrsmittel in Mexiko sind die Orte, an denen Frauen meistens angegriffen werden. Dies sowohl durch aggressive Handlungen wie Einschüchterungen oder Belästigungen als auch durch sexuelle Übergriffe.

26,6 Prozent der Frauen in Mexiko haben an ihrem Arbeitsplatz Belästigungen, Diskriminierungen und Demütigungen aufgrund ihres Geschlechts erfahren, viele sogar während einer Schwangerschaft.

In 35,2 Prozent der Fälle waren die Angreifer die Arbeitskollegen, in 19,3 Prozent waren es die Vorgesetzten. 10,3 Prozent der erwerbstätigen Frauen haben berichtet, weniger Karriere-Möglichkeiten als ihre männlichen Kollegen zu haben. Sie bekommen zudem für die gleiche Arbeit weniger Lohn als ihre Kollegen. Zwischen 2011 und 2016 wurden 1,8 Prozent der Frauen wegen einer Schwangerschaft entlassen oder wurden erst gar nicht eingestellt.

25,3 Prozent der Frauen wurden laut Bericht in der Schule von Kommilitonen und Lehrern physisch und sexuell misshandelt.

Auch über die Art der Delikte gibt die Umfrage Information: 41,3 Prozent der mexikanischen Frauen wurden Opfer von sexualisierter Gewalt; 49,0 Prozent von psychischer Gewalt; 34,0 Prozent von physischer oder körperlicher Gewalt und 29,0 Prozent Opfer von wirtschaftlicher Diskriminierung und Demütigung.

Von den 30,7 Millionen der betroffenen Frauen haben 29,6 Millionen die Angreifer nicht angezeigt. Die Gründe dafür liegen vor allem in Drohungen, Schamgefühl und der Ansicht, eine Anzeige habe keine Folgen.

Auf nationaler Ebene sind Mexiko-Stadt zusammen mit Aguascalientes, Chihuahua, México, Jalisco und Queretaro die Bundesstaaten mit der höchsten Anzahl an Gewaltfällen. Die niedrigsten Raten wurden in den Bundesstaaten Baja California Sur, Campeche, Chiapas, San Luis Potosí und Tabasco verzeichnet.

Die Umfrage wird alle fünf Jahren durchgeführt, zuletzt von Oktober bis November 2016. INEGI hat 2017 in Zusammenarbeit mit der Nationalen Universität Mexikos (UNAM) und mit dem Forschungsinstitut Colegio de México die Fragen ausgearbeitet, um genauere Informationen über die Gewalt gegen Frauen im Land zu erhalten.