Caracas. Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat der Facebook-Konzern den Account des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur in englischer Sprache gesperrt. Der Sender berichtet, dass die Maßnahme am Montag begann. Erst seit gestern ist Telesur English Facebook wiederhergestellt, allerdings unter einer neuen Webadresse.
Der multinationale Sender Telesur hat seinen Betrieb 2005 aufgenommen und gilt als Meilenstein einer Berichterstattung aus und über Lateinamerika, die den Subkontinent nicht durch die Brille des hegemonialen Nordens darstellt. Telesur hat einen wachsenden internationalen medialen Stellenwert erreicht. Der englischsprachige Kanal sendet seit 2014.
Nach Informationen von Telesur hat "das Facebook Team" lediglich eine formalisierte und nicht konkretisierte Mitteilung gegeben, wonach der Sender "die Regeln von Facebook verletzt" habe. Telesur nennt den Vorgang "eine alarmierende Entwicklung im Lichte der Schließung weiterer Seiten, die nicht der Erzählweise des Mainstream entsprechen". Amerika21 hat erst vor wenigen Tagen von einem Fall berichtet, der die Berichterstattung über Venezuela betraf.
Während der Konzern von Mark Zuckerberg sich darauf beschränkt, von Sperren oder Löschungen betroffene Nutzer ohne weitere Erklärungen vor vollendete Tatsachen zu stellen, mehren sich Berichte über mögliche Hintergründe. So hat sich offenbar eine Zusammenarbeit zwischen einem sogenannten Digitalen Forensischen Untersuchungslabor der Pentagon- nahen US-amerikanischen Denkfabrik Atlantic Council und Facebook zum weltweiten aufspüren und Blockieren von "Falschnachrichten" im Internet etabliert.
In europäischen Medien wird über diese massiven Eingriffe in die Publikationsfreiheit durch nicht regulierbare Konzerne und Institutionen bislang noch kaum berichtet. In der US-Medienlandschaft erheben sich warnende Stimmen. Das Internet werde von einigen wenigen privaten Konzernen moderiert, die bereits "so viel öffentlichen Diskurs kontrollieren und routinemäßig aus inhaltlichen Gründen Postings löschen und Accounts deaktivieren", schreibt etwa David Greene, Anwalt der Electronic Frontier Foundation.