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Gewerkschaften im öffentlichen Dienst von Costa Rica in Generalstreik

Steuererhöhungen und Kürzungen sorgen für Unmut. Maßnahmen betreffen vor allem ärmere Teile der Bevölkerung. Regierung beharrt auf Politik

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Die Proteste von Gewerkschaften in Costa Rica dauern nun schon mehrere Monate. Hier ein Foto aus dem Juli dieses Jahres
Die Proteste von Gewerkschaften in Costa Rica dauern nun schon mehrere Monate. Hier ein Foto aus dem Juli dieses Jahres

San José. Wie im August angekündigt, hat in dieser Woche in Costa Rica ein Generalstreik gegen geplante Sparmaßnahmen begonnen. Der sozialdemokratische Präsident Carlos Alvarado hatte bereits im Wahlkampf Anfang des Jahres Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung in Aussicht gestellt. Eine breite parlamentarische Mehrheit steht hinter diesen Plänen, die Steuererhöhungen und Kürzungen im öffentlichen Dienst vorsehen. Gewerkschaften und soziale Bewegungen kündigten an, den Streik erst zu beenden, wenn die Regierung in einen offenen Dialog tritt.

Mehrere tausend Arbeiter des öffentlichen Dienstes legen seit Montag ihre Arbeit als Teil des unbefristeten Streiks nieder. Tausende marschierten bereits am Montag durch die Straßen der Hauptstadt. Am Mittwoch nahmen noch mehr Menschen aus dem gesamten Land an einer Großdemonstration in San José teil. Die Teilnahme blieb jedoch unter den Erwartungen; selbst Gewerkschaftsfunktionäre nehmen nicht an dem Streik teil.

Dies mag auch dem aggressiven Diskurs und der Politik der harten Hand der Regierung geschuldet sein. Alvarado bezeichnete den Streik als "unangemessen" und "illegal". Er machte klar, dass die Reform ein vorrangiges Projekt der Regierung sei. Das für 2018 vorhergesagte Haushaltsdefizit von 7,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sowie die Staatsverschuldung, welche 50 Prozent des BIPs übersteigen wird, sind laut Regierung die größten Bedrohungen für die Wirtschaft des Landes.

Die "öffentliche Ordnung und die wesentlichen staatlichen Dienste sicherzustellen" sei das Hauptanliegen der Regierung, so Alvarado. Bereits Sonntagnacht hatten Polizeikräfte die Karibikhäfen und die staatlichen Raffinerien unter ihre Kontrolle gebracht. 24 staatliche Institutionen hatten laut Arbeitsminister Steven Núñez darum gebeten, den Streik für illegal zu erklären. Sollten Gerichte dieser Ansicht folgen, müssten alle Streikteilnehmer unverzüglich die Arbeit wieder aufnehmen oder sie hätten mit Lohnkürzungen zu rechnen, so Núñez.

Am Mittwoch kam es im gesamten Land zu Straßenblockaden, Demonstrationen und zum Teil gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. In der Karibikhauptstadt Limón, wo sich der größte Hafen des Landes befindet, sind laut Polizei 16 Personen bei Brandstiftungen und der Plünderung eines Supermarktes festgenommen worden. In der Nähe der Universität von Costa Rica wurde eine Straßenblockade von Studierenden brutal geräumt, wobei auch ein Journalist von der Polizei attackiert wurde.

Neben Kürzungen bei öffentlich Beschäftigten ist ein Hauptanliegen der geplanten Reform die Umwandlung der Umsatz- in eine Mehrwertsteuer. Dies wird von den Gewerkschaften als unsoziale und einseitige Belastung der Mittel- und Unterschicht abgelehnt. Die frühere linke Parlamentsabgeordnete Patricia Mora, die im Kabinett für Frauenfragen verantwortlich ist, schließt sich diesem Urteil an: "Es ist ein parteiischer Steuerplan, der einige Teile der Bevölkerung dazu zwingt, den Gürtel enger zu schnallen, während andere, mächtigere praktisch nicht berührt werden", sagte sie.

José María Villalta von der linken Breiten Front (Frente Amplio), der als einziger von 57 Parlamentariern den Streik unterstützt und sich gegen Austeritätspolitik als Mittel zur Haushaltskonsolidierung ausspricht, befürchtet, dass bestimmte Gesellschaftsgruppen die Schwäche der sozialdemokratischen Regierungspartei PAC ausnutzen könnten, um "die Agenda der Privatisierung und der harten Staatsreform wiederaufzunehmen". Die PAC stellt seit den im Februar erfolgten Wahlen mit zehn von 57 Abgeordneten nur die drittgrößte Fraktion im Parlament. Sie ist auf Kooperation mit der rechten Parlamentsmehrheit angewiesen, welche noch drastischere Reformen fordert.