Peru / Politik

Politische Krise in Peru vorerst entschärft

Parlament stützt Regierung von Präsident Vizcarra. Geplantes Reformpaket soll das System aus Korruption und Klüngeleien in Politik und Justiz bekämpfen

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Ministerpräsident Villanueva und Präsident Vizcarra
Perus Ministerpräsident Villanueva (li.) und Präsident Vizcarra

Lima. Der Kongress in Peru hat der Regierung in einer Abstimmung sein Vertrauen ausgesprochen und somit eine weitere Verschärfung der seit Monaten anhaltenden politischen und institutionellen Krise verhindert. Nach der fast 12-stündigen Sitzung am Mittwoch, an der Premierminister César Villanueva sowie die 17 Minister aus dem Kabinett des amtierenden Präsidenten Martín Vizcarra teilnahmen, fiel das Ergebnis mit 82 Stimmen gegen 22 (und 14 Enthaltungen) zugunsten der Regierung aus.

Vizcarra, der verfassungsgemäß nicht anwesend war, twitterte Minuten nach Bekanntwerden des Ergebnisses: "Hier gibt es keine Sieger und keine Besiegten. Heute hat nur Peru gewonnen." Drei Tage vor der Abstimmung hatte er damit gedroht, den Kongress aufzulösen, sollte dieser die vier Ende Juli vorgestellten Reformprojekte bremsen wollen. Sie sollen den Weg aus der Krise weisen, in der sich Peru seit Dezember vergangenen Jahres befindet.

Bereits seit Beginn der Legislaturperiode 2016 waren die Fronten verhärtet, Blockierungen zwischen der Regierung von Ex-Präsident Pablo Pedro Kuczynski und der oppositionellen fujimoristischen Fraktion "Volkskraft" (Fuerza Popular) vorprogrammiert. Kuczysnkis Amtszeit war von Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit dem brasilianischen Bauriesen Odebrecht in der Regierung von Alejandro Toledo (2001-2006) geprägt, die im Dezember 2017 in das erste Amtsenthebungsverfahren mündeten. Wenige Tage später begnadigte er den wegen Verbrechen gegen die Menschheit zu 25 Jahren Haft verurteilten Ex-Präsidenten Alberto Fujimori. Die Entscheidung sorgte national und international für massive Proteste. Zu dem zweiten Amtsenthebungsverfahren kam es dann aber nicht mehr, da Kuczynski am 23. März zurücktrat. Zuvor waren Video- und Audiodateien öffentlich geworden, die den Kauf von Stimmen zwischen Regierungsmitgliedern und Kenji Fujimori und weiteren Fujimoristen im Kongress nahelegten. Martín Vizcarra folgte Kuczynski nach dessen kurzen Amtszeit von nur einem Jahr und sieben Monaten.

Anfang Juli erreichte die Krise dann auch die Justiz: So wurden die sogenannten CNM-Tonaufnahmen öffentlich, die Gefälligkeiten und den gegenseitigen Machteinfluss zwischen Richtern, Staatsanwälten, Mitgliedern des Nationalen Rates der Magistratur (CNM) und diversen öffentlichen Figuren, unter anderem Kongressmitgliedern, belegen. Der Kongress stimmte daraufhin der Amtsenthebung aller sieben Amtsträger der Magistratur zu und verhängte den Notstand über den CNM, der für die Ernennung, Ratifizierung und Entlassung von Richtern und Staatsanwälten zuständig ist. Bei mehreren Demonstrationen gegen die Korruption forderten Bürgerinnen und Bürger daraufhin auch den Rücktritt der Kongressmitglieder. Eine neue nationale Demonstration, um die Amtsenthebung der General- und Oberstaatsanwälte zu fordern, denen Verbindungen zu einer kriminellen Organisation unterstellt werden, ist bereits für Mittwoch, den 26. September, angekündigt.

Schon am vergangenen Dienstag nahmen die Kongressabgeordneten den Vorschlag zur Verfassungsänderung bezüglich der Ernennung und Kontrolle von Richtern an. Die weiteren drei Reformpakete betreffen das Verbot der Wiederwahl von Kongressmitgliedern, die Wiederherstellung des Zweikammersystems im Kongress sowie die Regulierung der Parteifinanzierung. Vor dem Plenum bat Ministerpräsident Villanueva um das Vertrauen der Abgeordneten und die Zustimmung zu allen vier Reformprojekten. "Wir werden keine teilweise Zustimmung akzeptieren. Es sind vier Reformen, nicht eine, nicht zwei, nicht drei." Nach der Abstimmung warnte er davor, sie weiter zu blockieren und nannte dies "den größten politischen Fehler", den man begehen könne. Präsident Vizcarra will über die geplanten Reformen dann am 9. Dezember in einem Volksentscheid abstimmen lassen. Dafür müssen die Reformen laut Gesetz allerdings 60 Tage zuvor durch den Kongress beschlossen sein.