Peru / Politik / Menschenrechte

Proteste in Peru gegen Begnadigung des Ex-Präsidenten Fujimori

Massenhafte Demonstrationen – auch weltweit. Verfassungsgericht und Menschenrechtskommission CIDH kündigen Prüfung des Verfahrens an

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Im Fernsehen von Peru in Peru wurde live von den zahlreichen Demonstrationen im ganzen Land berichtet, hier aus Lima
Im Fernsehen von Peru in Peru wurde live von den zahlreichen Demonstrationen im ganzen Land berichtet, hier aus Lima

Lima.In ganz Peru haben am gestrigen Donnerstag erneut Zehntausende Menschen gegen die Begnadigung von Ex-Präsident Alberto Fujimori protestiert. Bereits um sechs Uhr am Donnerstagabend gingen alleine in der peruanischen Hauptstadt Lima Tausende Demonstranten auf den Straßen. Der wegen Korruption und schwerer Menschenrechtsverletzungen zu 25 Jahren Haft verurteilte Fujimori war an den Weihnachtsfeiertagen wegen einer angeblichen Herzschwäche aus "humanitären Gründen" begnadigt worden. Kritiker gehen jedoch von einem politischen Deal zwischen Präsident Pedro Pablo Kuczynski und Fujimoris Sohn Kenji aus, der es Kuczynski ermöglichte, ein Amtsenthebungsverfahren zu überstehen.

Nicht nur in Peru sondern weltweit hat die Begnadigung für Aufmerksamkeit gesorgt. So sendeten am Donnerstag Menschen aus Europa und anderen Erdteilen Nachrichten der Solidarität an die Protestierenden in Peru und forderten mit unterschiedlichen Aktionen vor den peruanischen Botschaften eine gerechten Strafe und die Rücknahme der Begnadigung.

Zu den gestrigen Protesten in Peru hatte die Gewerkschaft Confederación General de Trabajadores del Perú (CGTP) aufgerufen. Sie forderten unter anderem den Rücktritt des amtierenden Präsidenten Kuczynski, der "moralisch unfähig" sei, weiterhin zu regieren. Der Präsident habe der Begnadigung Fujimoris stattgegeben, nachdem dessen Anhänger im Parlament am Vortag ein Amtsenthebungsverfahren gegen Kuczynski zu blockieren halfen.

Auch in Deutschland fand gestern eine Protest-Kundgebung statt. In Hamburg versammelten sich vor dem Hauptbahnhof rund 40 Teilnehmer, die ihre Solidarität mit den Protesten in Peru erklärten und sich inhaltlich deren Forderungen nach einem Rücktritt des Präsidenten und Neuwahlen anschlossen. "Die Begnadigung stellt eine tiefe Demütigung und Beleidigung für die Angehörigen der vielen Opfer der Diktatur und all jene Menschen dar, die sich über Jahre hinweg und unter schwierigsten Bedingungen für die Bestrafung von Mord, Raub, Entführung und andere während der Diktatur begangenen Verbrechen eingesetzt haben", heißt es in einem Flugblatt der Peru Initiative Hamburg, die zur Kundgebung aufgerufen hatte.

"Wir akzeptieren nicht, dass man in diesem Land Straftäter und Mörder frei lässt. Wir akzeptieren nicht, dass die Korrupten Straflosigkeitspakte ausmachen, um die Justiz zu umgehen. Wir akzeptieren nicht, dass man sich über uns lustig macht, indem man ein Kabinett von Lobbyisten, Lügnern und Korrupten 'Kabinett der Versöhnung' nennt," erklärte indes die zur Präsidentschaftswahl als Kandidatin der linken Frente Amplio angetretene Verónika Mendoza in einem Video auf Twitter. Mendoza, die bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen überraschend auf den dritten Platz kam, hatte bei der folgenden Stichwahl zwischen Kuczynski und Albertos Tochter Keiko Fujimori schließlich für die Wahl Kuczynskis plädiert, um eine Rückkehr des Fujimorismo zu verhindern. Kuczynski hatte stets versichert, Fujimori keine Begnadigung erteilen zu wollen.

Der Begnadigte ist am 4. Januar aus der Klinik entlassen worden und befindet sich derzeit mit seiner Familie in einem Haus in La Molina, einem wohlhabenden Stadtteil Limas. Seine Entlassung wurde von zahlreichen Protesten unter anderem direkt in La Molina begleitet. Fujimori seinerseits gab gestern bekannt, für die ihm auferlegten Reparationszahlungen weiterhin aufzukommen. Dies ist allerdings keine freiwillige Kompensation, sondern dazu ist er rechtlich bereits 2009 verpflichtet worden.

Die Begnadigung stößt national wie international auf heftige Kritik. So hatte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (CIDH) eine Anhörung für den 2. Februar angekündigt, in der die Begnadigung Fujimoris untersucht werden solle. In dieser sollen Vertreter des peruanischen Staates sowie der Angehörigen der Opfer zu Wort kommen. Juristen hatten bereits darauf hingewiesen, dass die Begnadigung Fujimoris gegen die Statuten der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sowie gegen in der Vergangenheit gefällte Urteile verstoße. Es besteht die Möglichkeit, dass der CIDH deren Annullierung verlangt.

In diesem Fall würde die peruanische Regierung die Entscheidung des CIDH nicht anerkennen, erklärte Kabinettschefin Mercedes Aráoz. Es sei das Privileg Kuczynskis, Begnadigungen auszusprechen und das Verfahren sei im Einklang mit der peruanischen Verfassung abgeschlossen. "Ich würde kein Gericht verstehen, das die Verfassung eines Staates nicht respektiert", führte sie in einem Interview mit der Tageszeitung Diario Correo aus.

Indes hat jedoch auch das Verfassungsgericht erklärt, die Begnadigung prüfen zu wollen. Dessen Präsident Ernesto Blume wollte aufgrund des laufenden Verfahrens keine weiteren Details nennen, räumte aber die Möglichkeit einer Forderung der Rücknahme der Begnadigung ein. "Jede Handlung von Funktionären oder öffentlichen Autoritäten kann angezweifelt werden, wenn sich bestätigt, dass sie gegen ein Grundrecht oder gegen die Verfassung verstößt", so Blume.