Brasilien / Politik

Brasilien: Rechtsextremer Jair Messias Bolsonaro ist Präsident

Beispiellose Welle der Verfolgung gegen Linke und soziale Bewegungen zu befürchten. Bolsonaro kündigte "Säuberung" des Landes von politischen Gegnern an

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Jair Messias Bolsonaro kam mit Polizeischutz zur Abstimmung in Rio de Janeiro
Jair Messias Bolsonaro kam mit Polizeischutz zur Abstimmung in Rio de Janeiro

Brasília. In Brasilien hat der Ultrarachte Jair Bolsonaro die Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag gewonnen. Nach Auszählung von 99,85 Prozent der Urnen kam Bolsonaro auf 55 Prozent der Stimmen. Der Kandidat der Arbeiterpartei, Fernando Haddad, erhielt dementsprechend 45 Prozent. Der Wahlsieg des Rechtsextremisten bedeutet für die brasilianische Demokratie eine Zäsur. Der Hauptmann der Reserve hat angekündigt, das Land von politischen Gegnern zu "säubern", er will den Zugang zu Waffen erleichtern, bedeutende Ministerien mit Militärs besetzen und offenbar aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen.

In seiner Ansprache als gewählter Präsident dankte Bolsonaro vor allem Gott und all jenen, die es möglich gemacht haben, jemanden ohne großer Parteistruktur zum Staatsoberhaupt zu wählen. Er gebe den Schwur darauf, die liberale Demokratie zu garantieren. "Wir können nicht weiter mit dem Sozialismus, Kommunismus oder Extremismus flirten. Wir sind die großen Sieger dieses Kampfes. Wir folgen der Bibel wie der Verfassung", so Bolsonaro in der ersten Rede. Besonders im reichen, weiß geprägten Süden hatte Bolsonaro deutliche Mehrheiten von zwei Drittel geholt. Seine größte Wählergruppen waren Evangelikale, von denen 70 Prozent für den früheren Offizier stimmten.

Der unterlegende Haddad verzichtete darauf, dem Sieger zu gratulieren. Stattdessen versicherte er, für die Institutionen des Landes kämpfen zu wollen. Er habe erlebt, dass viele Furcht vor der neuen Zeit hätten. "Niemand braucht Angst zu haben, denn wir stehen zusammen. Wir treten gemeinsam für eure Ziele ein", so Haddad in der TV-Übertragung. Bolsonaro hatte mehrmals angekündigt, bei einem Wahlerfolg soziale Bewegungen wie die Landlosenbewegung (MST) oder die Wohnungslosenbewegung (MTST) zu "terroristischen Vereinigungen" zu erklären. Dies würde zu einer beispielosen Welle der Verfolgung im Land führen. Einzig im ärmeren Nordosten konnte Haddad Mehrheiten für sich gewinnen.

Zeitgleich gab es in mehreren Bundesstaaten Stichwahlen für den Gouverneursposten. Wie in den bevölkerungsreichsten Bundesstaaten São Paulo und Rio de Janeiro setzten sich auf der allgemeinen Welle rechtsgerichtete Law und Order-Kandidaten durch.

Die in Europa lebenden Brasilianer haben indes mehrheitlich für den Sozialdemokraten Haddad gestimmt. In Berlin votierten nach der ersten Hochrechnung 73,7 Prozent für Haddad und nur 26,3 für Bolsonaro. Auch in den Wahllokalen Köln und Hamburg ging Haddad als Sieger hervor. Nur in Frankfurt am Main gewann der Rechtsaußen knapp mit 51 gegenüber 49 Prozent. In Frankreich zogen 76 Prozent Haddad Bolsonaro mit 23 Prozent vor. In Brüssel und Lissabon wiederum gewann Bolsonaro mit 60 bzw. 64 Prozent der Stimmen.

In letzter Minute hatten zahlreiche Prominente und ehemalige Kandidaten für das Präsidentenamt ihre Stimme für Haddad erklärt. Der frühere Generalstaatsanwalt, Rodrigo Janot, der als Leiter der Korruptionsermittlungen um die Petrobras, Lava Jato, auch als PT-Gegner galt, teilte am Vorabend per Twitter mit: "Ich ertrage den billigen Diskurs der Intoleranz nicht. Durch Ausschlussverfahren stimme ich für Haddad". Auch der frühere Richter am Obersten Gerichtshof, Joaquim Barbosa, hatte seine Stimme für Haddad öffentlich gemacht und vor Bolsonaro gewarnt: "Zum ersten Mal in 32 Jahren bereitet mir ein Kandidat Angst", so Barbosa, der 2005 leitender Richter im Korruptionsverfahren Mensalão war, in dessen Folge mehrere ranghohe PT-Funktionäre verhaftet wurden.

Der sozialdemokratische Drittplatzierte der ersten Wahl, Ciro Gomes, hatte die Bevölkerung zu "einer Stimme gegen die Intoleranz und für den Pluralismus" aufgefordert. Zu einer direkten Unterstützung Haddads rang er sich nicht durch. "Ich will mit der PT keinen Wahlkampf mehr zusammen machen", so Gomes. Die Gründe Marina Silva sprach von einer "pragmatischen Stimme" für Haddad. Denn dieser "predige weder die Auslöschung der Rechte noch die Repression".