Syngenta-Konzern wegen Mordes an MST-Aktivist in Brasilien schuldig gesprochen

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Der ermordete Aktivist der brasilianischen Landlosenbewegung MST, Valmir Mota de Oliveira
Der ermordete Aktivist der brasilianischen Landlosenbewegung MST, Valmir Mota de Oliveira

Cascavel, Paraná/ Basel. Ein Gericht in Brasilien hat den Schweizer Konzern Syngenta wegen Mordes an dem Landlosen Valmir Mota de Oliveira, versuchten Mordes an der Kleinbäuerin Isabel Nascimento de Souza und wegen Körperverletzung an drei weiteren Landlosen verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Syngenta als Auftraggeber verantwortlich war für den bewaffneten Überfall seines damaligen Sicherheitsdienstes auf die Aktivisten der Landlosenbewegung MST. Der Agrar-Riese muss nun den betroffenen Familien Schmerzensgeld zahlen. Die Richter bestätigten damit das Urteil der ersten Instanz aus dem Jahr 2015.

Der Mord an Mota de Oliveira, bekannt als Keno, geschah im Jahr 2007. Damals besetzten 150 Mitglieder der internationalen Bewegung der Kleinbauern "Via Campesina" ein Experimentierfeld für genmanipulierte Agrarpflanzen der Syngenta. Es lag in Nachbarschaft zum Nationalpark Iguaçu, im Westen des Bundesstaates Paraná. Sie protestierten damit gegen die illegalen Gentests der Firma. Etwa 40 Angestellte des privaten Sicherheitsdienstes des Unternehmens, NF Segurança, griffen die Aktivisten nur wenige Stunden nach der Besetzung ohne Vorwarnung mit Feuerwaffen an. Keno erlag sofort seinen Schussverletzungen. Isabel Nascimento de Souza verlor ihr Augenlicht, als sie auf den Knien exekutiert werden sollte und sich beim Schuss bewegte. Drei weitere Kleinbauern und Mitglieder der Landlosenbewegung MST wurden verletzt.

Richter José Augusto Aniceto begründete die Entscheidung damit, dass ein formaler Vertrag zwischen Syngenta und dem Sicherheitsdienst bestanden habe. "Der Unternehmer ist verantwortlich für das Handeln seiner Angestellten", widersprach Aniceto dem Vertreter des Chemie-Konzerns. Dennoch sahen die Richter auch eine Mitschuld der Aktivisten. Diese hätten um das Risiko gewusst, als sie sich auf fremdes Privatgelände begaben. Aus diesem Grund sei die Höhe der Entschädigungszahlungen geringer ausgefallen. Nur Richter Wellington Emanuel Coimbra de Moura widersprach dieser Auffassung. Für ihn trägt der Konzern die volle Verantwortung. NF Segurança kannte die Situation vor Ort und "ist nicht zu einem Freundschaftsbesuch aufgebrochen". Sie hätten die staatlichen Sicherheitsorgane benachrichtigen können und müssen, so der Richter.

Der Anwalt der Nichtregierungsorganisation Terra de Direitos, Fernando Prioste, begrüßte das Urteil. Angesichts der konservativen Welle im Land setze es ein wichtiges Zeichen. "Der gewählte Präsident droht damit, alle Großgrundbesitzer zu bewaffnen, um gegen soziale Bewegungen vorzugehen. Das Gericht hat bestätigt, dass ein bewaffneter Überfall durch Söldner illegal ist. Wer so handelt, muss sich verantworten", so Prioste.

Der Fall erreichte nach weltweiten Protesten internationale Aufmerksamkeit. Im Jahr 2008 bat der Schweizer Botschafter Rudolf Bärfuss im Namen seines Landes die Witwe von Keno um Verzeihung.

Im März 2006 hatte die brasilianische Umweltbehörde Ibama das Schweizer Unternehmen wegen des Anbaus von illegaler Gen-Soja auf dem Feld zu einer Strafe von einer Million Reais (damals 370.000 Euro) verurteilt.

Syngenta ist weltweit einer der größten Konzerne im Agrargeschäft und eine Tochtergesellschaft der ChemChina. Das Unternehmen ist Marktführer für chemische Pflanzenschutzmittel und drittgrößtes Unternehmen im Vertrieb kommerziellen Saatgutes. Sein Umsatz betrug 2015 13,4 Milliarden US-Dollar.