Brasilien: Zweite Anordnung zur Freilassung Lula da Silvas umgehend revidiert

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Für den ehemaligen brasilianischen Präsidenten Lula da Silva ging kurzfristig eine Tür zur Freilassung auf - die jedoch umgehend wieder geschlossen wurde
Für den ehemaligen brasilianischen Präsidenten Lula da Silva ging kurzfristig eine Tür zur Freilassung auf - die jedoch umgehend wieder geschlossen wurde

Brasília. Der Präsident des Obersten Bundesgerichts Brasiliens (STF), José Antonio Dias Toffoli, hat am Mittwoch ein kurz zuvor ergangenes Urteil eines anderen Richters desselben Gerichts aufgehoben, das die Freilassung des ehemaligen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva (2003-2010) ermöglicht hätte. Richter Marco Aurelio Mello hatte am Mittwoch angeordnet, dass alle in zweiter Instanz Verurteilten freigelassen werden müssten. Dies wurde nach nur wenigen Stunden jedoch wieder rückgängig gemacht. Die Generalstaatsanwältin Raquel Dodge war der Ansicht, dass eine umgehende Freilassung "eine schwere Verletzung der Ordnung und Sicherheit" im Land verursachen könnte. Mello hatte sich auf Artikel 283 der Strafprozessordnung gestützt, der besagt, dass ein Urteil nur vollstreckt werden kann, wenn alle Berufungsinstanzen ausgeschöpft sind, und nicht, wenn ein Urteil lediglich zweiter Instanz bestätigt wird. Dies ist bei Lula und 169.300 weiteren Gefängnisinsassen der Fall.

Nun wurde die Entscheidung an das gesamte Plenum der obersten Kammer des STF weitergeleitet. Dort wird aber voraussichtlich erst am 10. April des kommenden Jahres verhandelt. Das Urteil habe einer zurückliegenden Mehrheitsentscheidung des Gerichtshofes widersprochen und könnte somit nicht umgesetzt werden, so die erfolgte Begründung. Im April sollen drei Berufungen geprüft werden, in denen ein Verbot der Inhaftierung nach einer Verurteilung in zweiter Instanz auf der Grundlage des Grundsatzes der Unschuldsvermutung gefordert wird.

Die Verteidigung Lulas hatte noch umgehend beim Bundesgericht in Curitiba einen Antrag auf Freilassung gestellt, der aber nicht umgesetzt wurde. Mello selbst wurde auch von Unterstützern seines Urteils dafür kritisiert, zu eigenmächtig gehandelt und somit die Durchführbarkeit negativ beeinflusst zu haben.

Der ehemalige brasilianische Präsident war im April dieses Jahres in zweiter Instanz vom Vierten Bundeslandesgericht wegen passiver Korruption und Geldwäsche zu zwölf Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil war auch international scharf kritisiert worden, da es zu sehr auf Indizien beruhte und die Beweislage somit als unzureichend betrachtet wurde.