Buenos Aires. Der argentinische Kongress hat mit "Ley Micaela" ein Gesetz verabschiedet, das Beamte und Angestellte aller drei Staatsgewalten in Zukunft dazu verpflichtet, regelmäßige Weiterbildungskurse zu Fragen von Gendergerechtigkeit und sexualisierter Gewalt zu belegen. Das "Dauerhafte Nationale Programm zur Institutionellen Schulung in Genderfragen und Gewalt gegen Frauen" wurde vom Abgeordnetenhaus mit einer Gegenstimme und vom Senat einstimmig angenommen. Damit soll der in Argentinien hohen Anzahl von Femiziden Rechnung getragen werden. Die Beobachtungsstelle für Frauenmorde der Ombudsstelle registrierte von Januar bis Mitte November dieses Jahres bereits 251 Fälle.
Die jährlichen Weiterbildungsmaßnahmen werden künftig vom dem zum Modernisierungsministeriums gehörenden "Nationalen Institut der Frauen" (INAM) konzipiert und durchgeführt. Staatsangestellte, die der Verpflichtung zum regelmäßigen Besuch der Kurse nicht nachkommen, haben mit disziplinären Sanktionen zu rechnen. Das INAM wird über ihre Website regelmäßig über den Grad der Einhaltung des Gesetzes in den einzelnen Institutionen informieren.
Die Gesetzesinitiative war ursprünglich trotz positiver Begutachtung nicht auf die Tagesordnung der außerordentlichen Sitzungen des Kongresses zum Jahresende gesetzt worden. Erst ein offener Brief mehrerer Abgeordneter unterschiedlicher Fraktionen an die Regierung veranlasste Staatspräsident Mauricio Macri zur nachträglichen Aufnahme des Gesetzesantrags.
Wie die nun gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungsprogramme finanziert werden sollen, ist jedoch nicht geklärt. Die Abgeordnete Analía Rach Quiroga der linksgerichteten Fraktion "Front für den Sieg", von der der Gesetzesantrag ausgegangen ist, wies darauf hin, dass "die Regierung zwar stets ihre Unterstützung für die Rechte der Frauen betont. Gleichzeitig kürzt sie aber die Budgets des INAM und anderer Unterstützungsprogramme." Die Senatorin Nancy González ergänzte: "Der Staat investiert 11,36 Pesos (rund 26 Cent) pro Frau in den Kampf gegen Gendergewalt. Das bedeutet eine Kürzung um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr."
Anlass zum Entwurf des auch als "Ley Micaela" bezeichneten Gesetzes war der Fall von Micaela García. Die 21-jährige war im April 2017 beim Verlassen einer Diskothek vergewaltigt und ermordet worden. Im November dieses Jahres sorgte der Freispruch von drei Männern durch ein Gericht in Mar del Plata für Aufsehen, die angeklagt waren, eine 16-jährige unter Drogen gesetzt, vergewaltigt und anschließend erschlagen zu haben. Die Richter befanden, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich war und die Frau trotz ihrer Verletzungen an einer Überdosis starb.