Nicaragua / Politik

Regierung in Nicaragua kritisiert Opposition für Vorgehen im Friedensdialog

Präsident Ortega will Bürger mehr einbeziehen in schwierig verlaufende Gespräche. Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Sandinistischen Revolution

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Bei der Feier zum 40. Jahrestag der Revolution in Nicaragua sprach Präsident Daniel Ortega über seine Forderungen an die Opposition für eine erfolgreiche Gestaltung des Friedensdialogs
Bei der Feier zum 40. Jahrestag der Revolution in Nicaragua sprach Präsident Daniel Ortega über seine Forderungen an die Opposition für eine erfolgreiche Gestaltung des Friedensdialogs

Managua. Bei der großen Kundgebung zum 40. Jahrestag der Revolution in Nicaragua am 19. Juli hat Präsident Daniel Ortega der Forderung des Oppositionsbündnisses Alianza Civica (Bürgerallianz) nach Verhandlungen über die Vorbereitung der nächsten Wahlen eine eindeutige Absage erteilt. Der Präsident erklärte, dass die notwendigen Wahlrechtsreformen im Rahmen der Gesetze und der Vorgaben der Verfassung vorgenommen werden sollen. Die Einhaltung von formellen Vorgaben sei wichtig, damit sich nachher niemand beschweren könne, es sei zu einem Betrug gekommen. Die Grundaussage von Ortega lautete: "Dialog nur mit denen, die bereit sind, sich für den Frieden und die Entwicklung des Landes einzusetzen."

Während der Woche vor dem Jahrestag der Revolution hatten Vertreter der Opposition gefordert, dass die Regierung über eine Wahlrechtsreform exklusiv mit der Bürgerallianz verhandeln müsse. Dies habe die Versammlung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) so gefordert, lautete ihr Argument. Allerdings wiesen Vertreter der Regierung darauf hin, dass die blau-weiße Bürgerallianz durch keine Wahlen legitimiert sei und die oppositionellen Vertreter nur für sich selbst sprechen würden. Die Reform des Wahlrechts müsse mit den gewählten politischen Parteien diskutiert und beschlossen werden, da die Wahlgesetzgebung Verfassungsrang habe.

Die Anfang Juli wieder aufgebrachte Forderung der Bürgerallianz nach weiteren Verhandlungen war in Nicaragua mit Erstaunen aufgenommen worden. Denn dieselben Personen hatten noch Ende Mai Verhandlungen mit der Regierung abgebrochen – trotz der Freilassung der von der Opposition als "politische Gefangene" bezeichneten Personen aus dem Gefängnis. Die Ordnungskräfte hatte sie im Vorjahr wegen verschiedener Straftaten im Zusammenhang mit Protesten gefangen genommen und vor Gericht gestellt.

Um international nicht eingestehen zu müssen, dass die Regierung ihre Zusagen aus den Verhandlungen erfüllt hat, veröffentlichte die Allianz am Tag der Freilassung der Gefangenen eine neue Liste, die davor nicht mit dem Internationalen Roten Kreuz als Garanten abgeglichen war. Darin wird behauptet, es seien nicht alle politischen Gefangenen freigelassen worden.

Zusammen mit den Regierungen der USA und Kanadas hatten die Oppositionsvertreter versucht, im Vorfeld der OAS-Hauptversammlung eine ausreichende Zahl von Stimmen zu erreichen, um Nicaragua auf Basis der Demokratischen Charta aus der Organisation ausschließen zu können. Diesem Ansinnen entsprachen allerdings nicht genügend Länder-Vertreter in der OAS. Unter diesen Ländern herrschte wohl der Eindruck, dass sie in der Zukunft möglicherweise mit ähnlichem Vorgehen selbst unter Druck gesetzt werden könnten wie aktuell Nicaragua.

Aufgrund des wechselhaften Verhaltens der nicaraguanischen Bürgerallianz und der Vermischung mit Interessen der US-Politik scheint es momentan keine Basis für erfolgreiche Verhandlungen mit ihr zu geben. Die Erwartung, dass im Rahmen der Verhandlungen eine friedliche Lösung des gesellschaftlichen Konflikts möglich werden würde, hat sich nicht erfüllt. Auch das Ziel eines gemeinsamen Aufrufs der Regierung und ihrer Widersacher zur Rücknahme von europäischen und US-amerikanischen Sanktionen gegen das Land wurde nicht erreicht.

Der Aufruf der Regierung, gesellschaftliche Konflikte in lokalen und regionalen Gremien anzugehen statt mit gewaltsamen Protesten, fiel dagegen auf fruchtbaren Boden. Wie der Abgeordnete Carlos Emilio López berichtete, entstanden seit Mai im ganzen Land über 4.800 Kommissionen für Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Sie sollen dazu beitragen, den Dialog zwischen den Bevölkerungsgruppen zu fördern, Konflikte verhindern und das wirtschaftliche und soziale Wachstum im Land fördern. Außerdem sollen die Kommissionen auch einen Raum für Menschen bieten, die von der Gewalt während der Proteste 2018 betroffen waren, um die von extremistischen Gruppen verursachten Schäden zu mildern.