Oberstes Gericht in Brasilien prüft Befangenheit von Justizminister Moro

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Ex-Präsident Lula da Silva stellt Unparteilichtkeit des damaligen Richters Sergio Moro in den Ermittlungen gegen ihn in Frage
Ex-Präsident Lula da Silva stellt Unparteilichtkeit des damaligen Richters Sergio Moro in den Ermittlungen gegen ihn in Frage

Brasília/Curitiba. Das Oberste Bundesgerichts von Brasilien prüft seit Freitag drei Anträge der Verteidigung des ehemaligen Präsidenten (2003-2011) Luiz Inácio "Lula" da Silva gegen den ehemaligen Richter und heutigen Justizminister Sérgio Moro. Die Anwälte Lulas werfen dem Juristen Befangenheit vor und wollen das Urteil gegen ihren Mandanten so anfechten. Währenddessen warf Lula da Silva der US-Regierung in einem Fernsehinterview vor, in die politischen Geschehnisse in Brasilien involviert zu sein. Lula sitzt seit dem 7. April 2018 in Haft.

Die Anwälte Lula da Silvas beschuldigen den damaligen Richter Sérgio Moro, im Prozess gegen den ehemaligen Chef der linksgerichteten Arbeiterpartei (PT) nicht neutral gehandelt zu haben. Moro habe nicht nur Absprachen mit Staatsanwälten getroffen, sondern mit ihnen auch die effektivste Vorgehensweise gegen Lula diskutiert.

In ihrem Antrag haben Lulas Anwälte die zwischen Staatsanwalt Deltan Dallagnol und Ex-Richter Moro ausgetauschten Nachrichten einbezogen, die im Rahmen der Enthüllungskampagne "Intercept-Leaks" in Zusammenarbeit mit anderen Medien veröffentlicht wurden. Den Anwälten zufolge handelten die Staatsanwälte "mit eindeutiger persönlicher und politischer Motivation und unterlagen der Koordination und Anleitung des ehemaligen Richters Sérgio Moro".

Zwei Anträge beziehen sich dabei konkret auf die Ermittlungen im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Zahlung von Bestechungsgeldern durch den Baukonzern Odebrecht an den damaligen PT-Chef da Silva beim Erwerb von Grundstücken für sein politisches Institut. Die Staatsanwaltschaft wirft Lula vor, vom Baukonzern Odebrecht zwei Immobilien im Wert von zwölf Millionen Reais (rund 2,7 Millionen Euro) erhalten zu haben. Im Gegenzug soll das Unternehmen bei der Auftragsvergabe des staatlichen Erdölkonzerns Petrobras Vorteile erhalten haben.

Der dritte Antrag betrifft das Verfahren, bei dem Lula beschuldigt wird, Bestechungsgelder aufgrund von Renovierungsarbeiten an einer Immobilie in Atibaia erhalten zu haben, dessen Eigentum dem ehemaligen Präsidenten zugeschrieben wird. Nach diesem Verfahren wurde Lula zunächst zu zwölf Jahren und elf Monaten Haft wegen passiver Korruption und Geldwäsche verurteilt. In ihrem Antrag erklärte die Verteidigung, dass inzwischen Informationen vorliegen, die den Verlust der Unparteilichkeit des damaligen Richters Moro bei der Bearbeitung des Falls "vollständig beweisen".

In einem Interview mit dem Fernsehsender TVE da Bahia zeigte sich Lula da Silva indes davon überzeugt, dass alle Geschehnisse in Brasilien seit dem Amtsenthebungsverfahren gegen Ex-Präsidentin Dilma Rousseff im Jahr 2016 in Zusammenhang mit der US-Regierung stehen. "Die Vereinigten Staaten haben bei allem, was passiert, ihre Finger im Spiel und instrumentalisieren Sérgio Moro", sagte er, nachdem der Oberste Gerichtshof seine Verlegung in ein Gefängnis in São Paulo verhindert hatte.

Dies ist das erste Interview, das der ehemalige Präsident seit Antritt seiner Haftstrafe am 7. April 2018 im Hauptquartier der Bundespolizei von Curitiba im Bundesstaates Paraná im öffentlichen Fernsehen gab. Lula da Silva sagte, er wolle in Haft bleiben, bis seine Unschuld bewiesen ist.

Nach den Enthüllungen sieht der Ex-Präsident die Möglichkeit, dass der Bundesgerichtshof nach Anhörung der Nachrichten zwischen Moro und Staatsanwalt Dallagnol die Entscheidung im Prozess gegen ihn korrigieren könne. In Bezug auf Deltan Dallagnol merkte er an: "Nachdem Dallagnol eine Pressekonferenz gab, in der er sagte, dass er keine Beweise gegen mich habe, sondern nur Indizien, hätte die Bundesstaatsanwaltschaft diesen Jungen absetzen müssen."