Indigene und Afros in Kolumbien: "Brauchen internationale Solidarität"

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Mit einer "permanenten Versammlung" reagieren Indigene auf die massive Bedrohung
Mit einer "permanenten Versammlung" reagieren Indigene auf die massive Bedrohung

Cali. Angesichts der zunehmenden Bedrohungen für indigene und schwarze Aktivisten in Kolumbien haben diese ethnischen Gemeinden im südlichen Department Cauca eine "permanente Versammlung" ausgerufen. Das Ziel ist, sich selbst zu schützen. Mit einer Pressekonferenz in Cali suchten sie vor allem internationale Aufmerksamkeit.

Giovanni Yule, Sprecher der indigenen Räte des Cauca (CRIC), bat ausdrücklich um internationale Solidarität. Die massive Gewalt im Cauca sei exemplarisch für die Lage in Kolumbien. Vor allem gehe es neuen bewaffneten Gruppen um die Kontrolle des Territoriums. In nur sechs Monaten seien alleine im nördlichen Cauca sieben Attentate auf Aktivisten verübt worden, zuletzt gegen eine Gruppe in der sich auch die Trägerin des renommierten Goldman-Preises, Francia Marquez, befand.

Im selben Zeitraum sind bereits 36 indigene Aktivisten ermordet worden und 51 weitere Personen fürchten akut um ihr Leben, da sie von kriminellen Banden als "militärische Ziele" ausgewiesen wurden. Alleine in der letzten Woche mussten mindestens 600 Personen aus den Dörfern der Gemeinde Suarez fliehen und all ihr Hab und Gut zurücklassen. Ursache der Massenvertreibung ist die anhaltende Konfrontation zwischen Farc-Dissidenten und Militär. Die Geflohenen berichten von Schießereien, teils aus überfliegenden Militärhubschraubern, und Bombeneinschlägen. Das Cauca ist eine der am schwersten betroffenen Regionen.

"Wir werden uns um keinen Preis vertreiben lassen", sagte Yule gegenüber amerika21. Die einzig mögliche Antwort auf das Versagen des Staates sei die "permanente Versammlung", bei der alle Mitglieder der Gemeinschaften zusammenkommen, um sich gegenseitig zu schützen. Die Indigenenorganisationen sprechen von einem humanitären Notstand.

Félix Banguero, Vertreter der Schwarzen Gemeinschaften (PCN), fordert die Regierung von Präsident Iván Duque dringlich auf, den Schutz der Menschen in den entlegenen Regionen zu garantieren. Die Bedrohungen kämen seitens neuer krimineller, bewaffneter Gruppen, die keine politische Perspektive haben und daher nicht zu Verhandlungen bereit seien. Für diese bewaffneten Akteure sei der Drogenkrieg ein lukratives Geschäft, sie nähmen keine Rücksicht auf die ethnischen Gemeinschaften in den Regionen.

Laut Banguero ist die Mobilisierung zu Demonstrationen und Kundgebung das wichtigste Element im politischen Kampf der sozialen Bewegungen. Denn nur damit könne Sichtbarkeit für die Wirklichkeit in Kolumbien erzielt werden. Auch Banguero weist gegenüber amerika21 auf die Relevanz der internationalen Unterstützung hin: "Wir brauchen euch jetzt."

Im Hinblick auf die Straflosigkeit seien laut CRIC und PCN keine Erfolge der staatlichen Institutionen zu erwarten. In allen angezeigten Fällen von Bedrohungen, Morden und Attacken habe es bisher keine Nachforschungen seitens der Ermittlungsbehörden gegeben. Daher sei die Ausübung der eigenen Justiz notwendig, so Yule. Banguero betonte, nur die Bewegungen selbst seien in der Lage, die politischen Verantwortlichen zu finden, zu lokalisieren und Strafen zu fordern. Es gehe darum, die intellektuellen, politischen Auftraggeber ausfindig zu machen. Die politischen Eliten nutzen diese regionalen Machtkämpfe, um die sozialen Bewegungen zu spalten und zu schwächen. Das Zerschlagen der Bewegung sei das Ziel der massiven Gewaltwelle.