Brasilien: Jair Bolsonaro will Polizisten nach Massakern begnadigen

Ultrarechter Politiker kündigt Straferlass für Beamte an, die an Massentötungen beteiligt waren. Startschuss für Straffreiheit?

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Gedenken am Ort des Massakers von Eldorado dos Carajás in Brasilien
Gedenken am Ort des Massakers von Eldorado dos Carajás in Brasilien

Brasília. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat am Samstag angekündigt, Polizeibeamte zu begnadigen, die an den Massakern von Eldorado dos Carajás und Carandiru sowie der misslungenen Befreiung eines entführten Busses in Rio de Janeiro beteiligt waren. Am Ende des Jahres Amnestie zu gewähren hat unter brasilianischen Präsidenten Tradition. Um berücksichtigt zu werden, darf die verurteilte Person zu maximal zwölf Jahren verurteilt sein, muss ein Drittel der Strafe verbüßt ​​haben und darf kein Wiederholungstäter sein.

Die möglichen Nutznießer der Begnadigung sind an schweren Staatsverbrechen beteiligt. Am 2. Oktober 1992 wurde die brasilianische Polizei aufgefordert, einen Aufstand im Carandiru-Gefängnis, das damals als das größte Gefängnis Lateinamerikas galt, niederzuschlagen. Dort waren damals mehr als 7.000 Insassen gefangen, obwohl das Gebäude nur für 3.250 angelegt war. 330 Polizeibeamte nahmen an der Aktion teil. Zunächst wurden nur acht Todesfälle innerhalb des Komplexes gemeldet. Die vollständige Zahl von 111 Toten wurde erst am folgenden Tag bekanntgegeben. Überlebende Gefangene berichteten, dass viele Insassen erschossen wurden, obwohl sie sich ergeben hatten und keinen Widerstand leisteten.

Der Tod von 19 Landlosen bei dem Massaker vom Eldorado do Carajás im April 1996 schockierte Brasilien und die ganze Welt. Im April 1996 marschierten 1.500 Landlose in Richtung Belém, um gegen die Landenteignung im Eldorado de Carajás zu protestieren. Während die Landlosen mit Stöcken und Steinen bewaffnet waren, schoss die Polizei scharf. Sie tötete 19 Menschen, mehr als 60 wurden verletzt. Die Bluttat stellt eines der schwerwiegendsten politischen Verbrechen in der Geschichte Brasiliens dar.

Der Führer der Obdachlosenbewegung, Guilherme Boulos, äußerte am Sonntag die Besorgnis, dass Bolsonaro den Polizeibeamten von Eldorado die Präsidentenamnestie gewähren könnte. "Brasilien hat nun einen kriminellen Präsidenten", twitterte er.

Der angekündigte Straferlass könnte auch Beamte betreffen, die in tödliche Polizeigewalt am 12. Juni 2000 verstrickt waren. Damals hielt Sandro do Nascimento elf Passagiere auf der Buslinie 174 im Süden von Rio de Janeiro als Geiseln. Der Überfall war viereinhalb Stunden lang landesweit live im Fernsehen zu verfolgen. Nach ungefähr fünf Stunden beendete die Polizei die Geiselnahme gewaltsam. Der Entführer und eine seiner acht Geiseln wurden getötet.

Der 69-jährige Rechtsanwalt Cezar Roberto Bitencourt kritisierte die geplanten Begnadigungen von Bolsonaro. Die Entscheidung des Präsidentes gehe weit über die zulässigen Verfassungsgrenzen hinaus. "Dies wird zweifelsohne als Erlaubnis zum Töten interpretiert werden", sagte Bitencourt, Doktor des Strafrechts an der Universität von Sevilla, Spanien. Ihm zufolge wird die Amnestie die Straflosigkeit nicht nur dieser Polizisten garantieren, "sondern aller anderen, die in Zukunft töten werden."