Bestätigt die OAS heute Luis Almagro und seine Politik der Einmischung?

Amtsinhaber will wiedergewählt werden. Trump großer Unterstützer. Karibische Staaten wahrscheinlich Zünglein an der Waage

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Luis Almagro (links) wird für den obersten Posten bei der OAS von María Fernanda Espinosa herausgefordert
Luis Almagro (links) wird für den obersten Posten bei der OAS von María Fernanda Espinosa herausgefordert

Washington. Am heutigen Freitag steht im Hauptsitz der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in der US-Hauptstadt Washington der umstrittene bisherige Generalsekretär Luis Almagro zur Wiederwahl für eine weitere Amtszeit. Die einzige Gegenkandidatin ist die Ecuadorianerin María Fernanda Espinosa. Der ursprünglich dritte Kandidat, Hugo de Zela aus Peru, zog sich Anfang der Woche wegen erwarteter Chancenlosigkeit zurück. Nach den Entwicklungen der vergangenen Jahre steht zu befürchten, dass mit der Wahlentscheidung der Mitgliedsländer der OAS auch eine Weichenstellung für Demokratie und Souveränität in der gesamten Hemisphäre getroffen wird. Während Almagro auf die Stimmen der rechtsgerichteten Lima-Gruppe und der USA setzen kann, wird Espinosa vor allem von den eher links orientieren Ländern der Karibik unterstützt. Diese machen 14 der 34 Mitgliedsländer aus. Auch Mexiko wird Espinosa wählen. Das Mandat von Almagro endet am 26. Mai.

In den vergangenen Tagen versuchten insbesondere die Mitglieder der Caricom (Karibische Gemeinschaft) die Wahl wegen der Corona-Pandemie zu verschieben. Die OAS wollte die Wahl aber in jedem Fall durchführen.

Experten sind sich uneins, wie die Abstimmung ausgehen wird. Zur Wahl ist eine einfache Mehrheit notwendig, also 18 Stimmen. Almagro wird unterstützt von den rechtsgerichteten Regierungen des Kontinents, unter anderem von den USA, Kolumbien – das ihn auch vorgeschlagen hatte –, Brasilien, Chile, Honduras und Uruguay. Der lateinamerikanische Forschungsverband Celag zählte zuletzt 17 Almagro unterstützende Länder, darunter auch Bolivien und Venezuela. Nun dürfte auch Peru hinzukommen.

In Bolivien spielte die OAS im vergangenen Oktober mit ihrem unmittelbar erfolgten Vorwurf der Wahlmanipulation eine entscheidende Rolle beim Putsch gegen Evo Morales hin zu Jeanine Áñez. Die Haltung Boliviens bei der OAS, die nun für Almagro ausfallen wird, ist ebenso bedeutsam wie die Stimme Venezuelas. Die Organisation war eine der ersten bei der Anerkennung des selbsternannten Juan Guaidó. Sie machte dann auch umgehend einen Guaidó-Vertrauten zum offiziellen Vertreter vor der OAS. Die Stimme Venezuelas braucht Almagro, um wohl überhaupt Chancen zu haben, die notwendigen 18 Stimmen zu erreichen.

Die OAS spielte in den vergangenen fünf Jahren unter Almagro, der 2015 noch fast einstimmig (33 von 34 Stimmen) zum Generalsekretär gewählt wurde, eine oftmals zweifelhafte Rolle. Als Beispiele seien die Präsidentschaftswahlen 2017 in Honduras, die Unterstützung von Guaidó seit 2019 sowie die erfolgten und versuchten Umstürze und Wahlbeeinflussungen zuletzt in Bolivien, Dominica und der Dominikanischen Republik genannt: Almagro gab jegliche dem Amt angemessene neutrale Haltung auf und nahm immer wieder gezielt Einfluss.

In Guyana stehen momentan nach fast drei Wochen noch immer die Wahlergebnisse aus. Der bisherige Präsident David Granger gilt als Unterstützer von Espinosa und galt als Favorit auf einen erneuten Wahlsieg. Nachdem sich die OAS in Bolivien praktisch umgehend, jedoch bis heute ohne stichhaltige Beweise vorgelegt zu haben, sicher war, dass die Wahl zugunsten von Morales manipuliert wurde, hält sie sich in Guyana merklich zurück.

Auch in Dominica warf Premierminister Roosevelt Skerrit der OAS und Almagro rund um die Wahlen im Dezember gezielte Einmischung vor. Zum offensichtlichen Putsch in Honduras im Jahr 2017 fand Almagro damals keine kritischen Worte. Heute kann er sich der Stimme des Vertreters des mittelamerikanischen Landes sicher sein.

Almagro war unter dem linken Präsidenten José Mujica bis 2015 Außenminister von Uruguay. Nachdem er sein Amt bei der OAS angetreten hatte, unternahm er eine fast beispielslose politische Kehrtwende. Sein erstes großes Projekt war sein entschiedener Einsatz gegen die linke Regierung von Venezuela.

Die Gegenkandidatin Espinosa gilt vielen als linksorientiert und wurde von Antigua und Barbuda sowie St.Vincent und die Grenadinen als Kandidatin vorgeschlagen. Sie will sich als neue Generalsekretärin vor allem für Menschenrechte und Demokratie einsetzen und die Polarisation innerhalb der Organisation beenden.

Sie war in verschiedenen Positionen (Außenministerin, Kulturministerin, Verteidigungsministerin) Teil der Regierungen von Rafael Correa. Von 2014 bis 2017 vertrat sie Ecuador vor den Vereinten Nationen. Daraufhin trat sie nach dem Wahlsieg von Lenín Moreno dessen Regierung als Außenministerin bei. Zuletzt war sie Präsidentin der Generalversammlung der Vereinten Nationen.

Wegen ihrer Unterstützung für Moreno nannte Correa sie eine "Verräterin". Aber auch Moreno rückte im Zuge seines Rechtsrucks und wegen ihrer Correa-Vergangenheit und mit dem Vorwurf von ihr ab, „die Diktaturen von Kuba und Venezuela“ zu unterstützen. Ché Guevara, Fidel Castro und Hugo Chávez bezeichnete sie einst als "beispielhafte Anführer". Ecuador wird heute für Almagro stimmen.

Wenn die Caricom im Block abstimmen sollte, würde es für Espinosa wohl reichen. Wenn nicht, und Länder wie Haiti oder die Dominikanische Republik für Almagro stimmen, wird es eng für sie.

Das OAS-Gründungsmitglied Kuba war von 1962 bis 2009 ausgeschlossen. Trotzdem der Ausschluss dann von der OAS-Vollversammlung aufgehoben wurde, kehrte Kuba nach einer Entscheidung von Fidel Castro nicht zurück. Heute wäre die Stimme Kubas gegen Almagro bedeutsam gewesen.