Argentinien / Politik

Trotz Pandemie und Ermittlungen in Argentinien: Ex-Präsident Macri reist nach Paris

Angeblich Treffen mit Fifa-Präsident Infantino. Staatsanwaltschaft in Argentinien treibt verschiedene Untersuchungen gegen Macri voran

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Argentiniens ehemaliger Präsident, Mauricio Macri, dürfte momentan nur in Paris Grund zum Anstoßen haben
Argentiniens ehemaliger Präsident, Mauricio Macri, dürfte momentan nur in Paris Grund zum Anstoßen haben

Buenos Aires/Paris. Während die argentinische Regierung aufgrund steigender Coronafälle erneut die Beschränkungen verschärft hat, verließ letzte Woche Ex-Präsident Mauricio Macri das Land mit Frau und Tochter in Richtung Frankreich. Die Reise erfolgte ohne Ankündigung und zu einem Zeitpunkt, in dem eine Reihe von Ermittlungen gegen Macri und ehemalige Mitglieder seiner Regierung in eine kritische Phase gelangen. Dies führte zu Spekulationen über eine mögliche Flucht des Ende vergangenen Jahres aus dem Amt gewählten früheren Präsidenten.

Als offiziellen Grund für Macris Reise wurden Verpflichtungen beim Weltfußballverband Fifa angegeben. Nach einer Quarantäne in Paris sollte er anschließend zu einem Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino in die Schweiz reisen. Bei der Fifa stritt man allerdings ab, dass ein solches Treffen auf der Agenda stehe. Dies bestärkte die Mutmaßungen über eine Flucht in einigen argentinischen Medien.

Erst am Mittwoch war gegen den ehemaligen Geheimdienstchef, Gustavo Arribas, Anklage wegen illegaler Spionage erhoben worden. Arribas ist ein langjähriger Vertrauter Macris und arbeitete bereits in seiner Zeit als Präsident des Fußballklubs Boca Juniors mit ihm zusammen. Auch der Privatsekretär Macris, Darío Nieto, wurde in dieser Sache kurzzeitig festgenommen und sein Handy konfisziert. Auf diesem sollen kompromittierende Informationen mehrerer laufender Ermittlungen gefunden worden sein.

Schon lange kursieren Anschuldigungen wegen illegaler Spionage während der Regierungsjahre Macris. Damals sollen Mitglieder der Opposition, der Justiz, von Gewerkschaften, der Presse sowie Unternehmer abgehört worden sein. Die aktuellen Ermittlungen gehen auf eine interne Untersuchung der neuen Direktorin des Geheimdienstes AFI und früheren Staatsanwältin, Cristina Caamaño, zurück. Diese hatte umfangreiche Beweise vorgelegt, nach denen auch Mitglieder der eigenen Koalition von Macris Regierung ausgespäht wurden. Selbst die Schwester des Ex-Präsidenten soll betroffen gewesen sein.

Bereits 2014, als Macri Regierungschef der Stadt Buenos Aires war, hatte es eine Anklage zu einem ähnlichen Sachverhalt gegeben. Damals ließ er seinen Schwager überwachen. Die Klage wurde jedoch fallen gelassen, als er Präsident wurde.

Dies ist jedoch nicht der einzige Fall, der ihm momentan Sorge bereiten dürfte: Ende Juli wurde Anklage gegen den ehemaligen Transportminister Guillermo Dietrich erhoben, wie auch gegen den Ex-Finanzminister Nicolás Dujovne und den Direktor der Verkehrsbehörde, Javier Iguacel. Ihnen wird vorgeworfen, illegale Absprachen zu einer unverhältnismäßigen Erhöhung der Mautgebühren getroffen und eine ungerechtfertigte Verlängerung der Pacht ohne Ausschreibung durchgeführt zu haben. Außerdem sollen sie die Zahlung einer anscheinend grundlosen Entschädigung von über 300 Millionen US-Dollar an die Firma Ausol, Pächterin der staatlichen Autobahnen, in Auftrag gegeben haben. Vorausgegangen war ein verdächtiger Verkauf von Aktien dieser Firma, deren Hauptaktionär die Familie Macri war.

Weitere Ermittlungen betreffen den Fall "Oil Combustibles". Richterin Servini de Cubría verordnete Ende Juli eine Untersuchung der telefonischen Verbindungen Macris, um herauszufinden, ob er Einfluss auf die Justiz genommen haben könnte. Seine Anwälte waren dagegen erfolglos angegangen. In diesem Fall soll versucht worden sein, zwei unliebsame Unternehmer, Cristobal Lopez und Fabian de Sousa, in den finanziellen Ruin zu treiben und ins Gefängnis zu bringen. Diese besaßen mit C5N unter anderem einen der wenigen oppositionellen Fernsehsender. Macri war damals offen gegen die Richter vorgegangen, die die Unternehmer im März 2018 wieder freigelassen hatten.

Eine weitere laufende Untersuchung läuft unter dem Begriff "Correogate": Dabei wird untersucht, ob Macri in seiner Regierungszeit versuchte, die Schulden seiner Familienfirma beim Staat zu streichen. Diese resultierten aus einer Privatisierung der argentinischen Post in den Neunzigern und sind seit rund zwanzig Jahren Grund für einen lange andauernden Prozess. Ein Nebenszenario dieses Falles ist die Einflussnahme auf die Justiz, über den von Macri eingesetzten Generalstaatsanwalt Eduardo Casal.