La Paz/Washington. Spekulationen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) über einen möglichen Wahlbetrug bei den Wahlen am 18. Oktober sorgen für Aufregung. Zudem heizen Treffen zwischen hohen Kreisen der US-Regierung mit einem führendem Vertreter der De-facto-Regierung Boliviens die Stimmung weiter an.
Weniger als zwei Wochen vor den Präsidentschaftswahlen am 18. Oktober äußerte der Generalsekretär OAS, Luis Almagro, seine Bedenken über die Transparenz der Wahlergebnisse. Nach einem Treffen in der vergangenen Woche mit dem Innenminister der De-facto-Regierung, Arturo Murillo, teilte Almagro auf seinem Twitter-Account seine "Sorge über die Möglichkeit eines erneuten Wahlbetrugs" zugunsten der Bewegung zum Sozialismus (MAS) mit. Gleichzeitig versicherte er, dass die Wahlbeobachtermission der OAS ihr Möglichstes tun werde, um dem Willen der Wähler Ausdruck zu verleihen. Das Treffen fand in Washington statt, wo Murillo auch mit Vertretern der Regierung von Präsident Donald Trump und Spitzen der Interamerikanischen Entwicklungsbank zusammentraf.
Die Zusammenkunft zwischen Murillo und Almagro ist politisch höchst brisant. Im Nachgang der Präsidentschaftswahlen vor einem Jahr, aus denen Evo Morales von der MAS als Sieger hervorging, hatten die rechtsgerichtete Opposition und die US-nahe OAS den Vorwurf der Wahlfälschung erhoben. In der Folge war es zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Nach dem Eingreifen des Militärs und der Polizei sahen sich Morales und sein Vize gezwungen, ins Exil zu flüchten.
Der OAS-Bericht über angebliche Unregelmäßigkeiten bei den Wahlergebnissen ist bis heute heftig umstritten. Zahlreiche internationale unabhängige Analysten sehen die Betrugsvorwürfe gegen Ex-Präsident Morales nach eingehenden Untersuchen als entkräftet und nicht haltbar.
Die Aussagen Almagros sorgen zudem für Aufmerksamkeit, weil der Spitzenkandidat der ehemaligen Regierungspartei MAS, Luis Arce, laut aktuellen Umfragen weit vor seinen Kontrahenten liegt.
Mitglieder der MAS hatten bereits zuvor Bedenken darüber geäußert, dass die Wahlbeobachtermission der OAS von dem ehemaligen Außenminister Costa Ricas, Manuel González, angeführt wird. Denn ausgerechnet er hatte den Vorsitz schon im vergangenen Jahr inne. Mit seinen öffentlichen Beteuerungen eines angeblichen Wahlbetrugs spielte er damals eine entscheidende Rolle für die darauffolgende politische Krise.
Der ehemalige Präsident Morales, der sich im Moment im argentinischen Exil befindet, rief über Twitter die "internationale Gemeinschaft" auf, "mögliche Versuche der De-facto-Regierung, Gewalt zu schüren und damit die Wahlen zu verhindern" aufmerksam zu verfolgen. Gleichzeitig appellierte er an seine "Landsleute, sich nicht provozieren zu lassen".
Die politische Lage in Bolivien ist extrem angespannt und wird durch Äußerungen von führenden Politikern der De-facto-Regierung weiter angeheizt. Die Interimspräsidentin Jeanine Áñez hatte zuletzt auf CNN Arce diskreditiert, indem sie ihm unterstellte, dass er "die Wahlresultate nicht anerkennen wird und das Land in Brand stecken will".
Murillo übte sich in Spekulationen und warf Parteispitzen der MAS vor, Jugendliche zu bewaffnen, um am Wahltag im Fall einer Niederlage Wahlbetrug zu behaupten und ein Blutbad anzurichten.
Zu den Inhalten der Treffen mit Funktionären des US-Außenministeriums sagte er gegenüber der Presse, "es handelte sich um sehr sensible Themen in Sachen staatliche Sicherheit im Zuge der Gefahren bei den Wahlen. Die USA können uns in einigen Punkten helfen. Wir ersuchen Hilfe zur Aufrechterhaltung der Demokratie."
Neben der OAS werden weitere internationale Beobachtermissionen bei den Wahlen zugegen sein, darunter Delegationen der Europäischen Union, des Carter Centers, der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden und der Amerikanischen Vereinigung von Wahlorganen.
Der aktuelle Präsident des Obersten Wahlgerichts, Salvador Romero, versicherte am Montag vor der Presse die strikte Einhaltung der vorgesehenen Aktivitäten in der Vorbereitung der Wahlen am 18. Oktober. Bisher gebe es keine Verzögerungen im Ablauf der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die "das Land dringend braucht".