Haiti / Politik

Anhaltende Krise in Haiti, USA schicken Sonderbeauftragten

Neue Tatverdächtige des Attentats, Finanziers sollen in USA leben. Oppositionsparteien und gesellschaftliche Gruppen distanzieren sich von neuem Ministerpräsidenten und seinem Kabinett

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Anhänger des ermordeten Präsidenten bei einer Messe in dessen Geburtsort Cap-Haitien
Anhänger des ermordeten Präsidenten bei einer Messe in dessen Geburtsort Cap-Haitien

Port-au-Prince. Der am 7. Juli ermordete haitianische Präsident Jovenel Moïse ist am gestrigen Freitag unter starken Sicherheitsvorkehrungen in seinem Geburtsort Cap-Haitien beigesetzt worden. Anwesend waren auch seine beim Attentat verletzte Ehefrau Martine Ethienne und die drei Kinder des Paares.

Der ehemalige Interimsministerpräsident und jetzige Außenminister Claude Joseph erklärte am selben Tag, dass die Ermittlungen um die Ermordung fortgesetzt würden. Bisher haben die Behörden 26 Personen verhaftet, darunter 18 Kolumbianer.

Am Tag vor der Bestattung demonstrierten in der Stadt Cap-Haitien einige Hundert Anhänger Moïses, um Gerechtigkeit für den Mord zu fordern und gegen die Spaltung der Gesellschaft zu protestieren. Die Ermordung des Schwarzen Moïse hat historische und gewalttätige Konflikte wiederaufleben lassen zwischen den sogenannten Mestizos oder Mulatten im Süden und Westen sowie Schwarzen Einwohnern im Norden des Karibikstaates. Letztere ist die Heimatregion Moïses. Neben den friedlichen Märschen drohten Anhänger des Ex-Präsidenten mit Gewalt, sollten "Angehörige der Eliten aus der Hauptstadt" zur Beerdigung kommen.

Aufgrund der anhaltenden Konfliktlage sandte das US-Außenministerium mit Botschafter Daniel Foote am Donnerstag einen Sondergesandten nach Haiti, der sich für "Stabilität in Haiti einsetzen soll", indem er zur Koordinierung von humanitärer Hilfe beitrage und "bei der Unterstützung der lokalen Sicherheitskräfte" helfe. Er werde sich auch mit haitianischen und internationalen Partnern der USA zusammenschließen, um die Abhaltung von "freien und fairen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu unterstützen“. Foote hatte bereits zuvor Erfahrung in Haiti als stellvertretender Leiter der US-Botschaft gesammelt.

Am vergangenen Montag übernahm der von Moïse zwei Tage vor seinem Tod bestimmte Ariel Henry das Amt des Ministerpräsidenten. Zuvor war es zum Machtkonflikt zwischen Henry und dem selbsternannten Interimsministerpräsidenten Claude Joseph gekommen, der das Amt zunächst nicht abgeben wollte. Joseph kehrte auf den Posten des Außenministers zurück, um den Konflikt zu beenden. Das neue Kabinett setzt sich aus 18 Personen zusammen, darunter drei Minister der vorherigen Regierung.

In einem Telefonat mit Henry am Donnerstag betonte US-Außenminister Anthony Blinken die Notwendigkeit von baldigen Wahlen und eines "breiten politischen und zivilgesellschaftlichen Konsens‘ über die Prioritäten der Regierung".

Während seiner Antrittsrede am Dienstag versprach Henry, einen "aufrichtigen Dialog" mit der Opposition und anderen Sektoren der Zivilgesellschaft zu fördern. Er betonte, dass die angesetzten Wahlen "nicht verhandelbar" seien und er sich darauf konzentriere, die Bedingungen dafür zu schaffen.

Die Oppositionsparteien und die "Koalition der zivilgesellschaftlichen Akteure" (Casc) distanzierten sich von der neuen Regierung. Als Grund hierfür nannten sie unter anderem die Einbeziehung von Beamten der vorherigen Regierung. Die neue "De-facto-Regierung wurde mit Gewalt von der internationalen Gemeinschaft installiert, um zu zerstören, was von dem Land übrig geblieben ist, und um mit dem System der Straflosigkeit und Korruption fortzufahren", kritisierte die Casc in einer Erklärung, die Alterpresse übermittelt wurde.

Am Mittwoch enthüllte der Polizeikommandant, Léon Charles, dass zwei haitianische Polizeibeamte an der Ermordung Moïses und deren Planung beteiligt waren. Nach Angaben mehrerer der verhafteten kolumbianischen Ex-Militärs erlaubten einflussreiche Polizeioffiziere dem bewaffneten Kommando den Zutritt zur Residenz des Präsidenten. Charles habe das FBI gebeten, mutmaßliche Finanzierer des Mordes zu identifizieren, die wohl in den USA leben. Zusätzlich zu den beiden Polizisten wurden etwa 20 Angehörige der Präsidentengarde, darunter der Sicherheitschef des Nationalpalastes, Dimitri Hérard, sowie weitere Leiter von taktischen Einheiten, mit einem Ausreiseverbot belegt. Als hauptverdächtiger Übermittler des Mordauftrags gilt ein ehemaliger Mitarbeiter des haitianischen Justizministeriums.

Die US-Regierung räumte zuvor ein, dass sie mehrere der kolumbianischen Ex-Militärs vor Jahren ausgebildet hatte, als sie noch Teil der Armee waren, und die Drug Enforcement Administration (DEA) gab zu, dass mindestens einer der Festgenommenen Informant der US-Bundesbehörde war.