Kolumbien: Regierung baut landesweit mit lokaler Bevölkerung Entwicklungsplan auf

Bürger:innen von knapp 50 Regionen teilen ihre Forderungen und Umsetzungsvorschläge der Regierung mit. 1.500 Teilnehmer:innen beim ersten Treffen

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Endziel dieser Dialoge ist laut Petro "der Aufbau eines Umfelds des totalen Friedens, in dem wir alle unter gleichen Bedingungen leben können"
Endziel dieser Dialoge ist laut Petro "der Aufbau eines Umfelds des totalen Friedens, in dem wir alle unter gleichen Bedingungen leben können"

Bogotá. Die Regierung von Gustavo Petro hat in der nördlichen Gemeinde Turbaco, nahe der touristischen Stadt Cartagena die "verbindlichen regionalen Dialoge" gestartet. Das ist der Anfang von 48 Treffen zwischen der Regierung und der Bevölkerung von 48 armen und konfliktreichen Regionen des Landes. Ziel ist, gemeinsam den Nationalen Entwicklungsplan zu erarbeiten, nach dem sich die progressive Regierung in den nächsten vier Jahren richten soll.

Bereits in seiner Siegesrede nach der Stichwahl im Juni hatte der damals frisch gewählte Präsident die "verbindlichen Dialoge" angekündigt. Dabei sollen Vertreter:innen der Regierung und des Kongresses die Probleme und Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort in den Regionen anhören und die Lösungen, die die Bürger:innen selbst vorschlagen, sammeln.

"Wir wollen eine tiefe, bunte Demokratie. Wir wollen, dass der soziale Dialog in jedem Gebiet der Weg zur Volkssouveränität und zum Frieden ist", sagte der kolumbianische Präsident unlängst.

Die Vizepräsidentin Francia Márquez sagte dazu: "Es ist Zeit für einen Wandel in Kolumbien, damit wir gemeinsam durch die regionalen verbindlichen Dialoge einen Beitrag zum Nationalen Entwicklungsplan leisten können. Eure Stimmen, euer Wissen und eure Beteiligung sind der Weg zum Wandel und zur Verwirklichung des Traums, den wir uns wünschen: ein Kolumbien in Frieden".

Letzte Woche hatte Petro die Liste der Gemeinden veröffentlicht, wo die Treffen stattfinden werden, sowie die jeweiligen Staatsvertreter:innen, die für die Organisation jedes einzelnen Treffens verantwortlich sind. Es handelt sich um 24 Minister:innen und hohe Regierungsbeamt:innen. Dazu gehören unter anderem der Hochkommissar für den Frieden, Danilo Rueda, die Regierungsberaterin für die Jugend, Camila Posso und die Vizepräsidentin selbst.

Das Ministerkabinett und die weiteren Regierungsangehörigen werden sich unter anderem mit Themen wie Zugang zu Wasser, Energietarife, Klimawandel, Sicherheit, Raumplanung, Streben nach vollständigem Frieden, Bekämpfung des Hungers, Zugang zu Gesundheit und Energiewende befassen.

Verantwortlich für das erste Treffen in Turbaco war der Verkehrsminister, Guillermo Reyes. Von Seiten der Regierung haben sich sonst die Arbeitsministerin, Gloria Inés Rodríguez, der Regierungsberater für die Regionen, Luis Fernando Velasco, der Leiter der Verwaltungsabteilung der Präsidentschaft (Dapre), Mauricio Lizcano, sowie der Leiter der Nationalen Planungsabteilung (DNP), Jorge Iván González, beteiligt. Auch lokale Bürgermeister der Zone haben dem Dialog beigewohnt.

Von Seiten der Bevölkerung meldeten sich 1.500 Personen aus 23 Gemeinden trotz des Regens an. Es wurden ein zentraler Runder Tisch und 25 thematische Tische organisiert. Sie haben zwei Tage lang in den Klassenzimmern einer alten Schule getagt.

Nach Angaben des Verkehrsministers vertraten die Teilnehmer:innen unter anderem afrokolumbianische und indigene Gemeinden, Frauengruppen, Gewerkschaften, soziale Bewegungen, mittelgroße und kleine Unternehmen und Akademiker:innen.

Zu den Vorschlägen und Forderungen der lokalen Bevölkerung gehört der Aufbau von selbstverwalteten Aquädukten in den Landbezirken, Solarparks und Universitäten für die ländlichen Zonen, sowie die Gründung einer nationalen Wasserbehörde, die die Wasserprobleme des Gebiets zentral regelt. Auch haben Teilnehmer:innen den Verkauf von Ländereien des Cartagena-Distrikts vorgeschlagen, um das gravierende Problem des Hungers zu lösen.

Die Gemeinden am Kanalsystem des Canal del Dique schlugen die Entwicklung einer lokalen Ökonomie durch produktive Projekte vor, die zur Ernährungssouveränität führt. Sie forderten unter anderem Sicherheitsgarantien für Opfer des Konfliktes, mehr Schutz für Angehörige der sozialen Bewegungen und die Absetzung von Mitgliedern der Sicherheitskräfte, die Verbindungen zu "illegalen bewaffneten Akteuren" haben.

Petro definierte kürzlich, dass das Endziel dieser Dialoge "der Aufbau eines Umfelds des totalen Friedens, in dem wir alle unter gleichen Bedingungen leben können", sein wird. "Kolumbien in ein Land des totalen Friedens zu verwandeln, ist nicht die ausschließliche Aufgabe der Regierung oder einiger weniger", so Petro. "Kolumbien wird keine passive Gesellschaft angesichts der historischen Ungerechtigkeit sein, die gesamte Bevölkerung muss aktiv am Aufbau eines anderen Landes mitwirken."

Die nächsten "verbindlichen Dialoge" finden am 26. September in Carmen de Bolívar und Aguachica in den nördlichen Departamentos Bolívar und Cesar, sowie in der südöstliche Stadt Popayán statt.